In Dortmund-Hörde hat Optiker Michael Witte ein Modell umgesetzt, von dem viele träumen: Die Viertagewoche für seine Angestellten. Seit einem Jahr arbeitet das Team der Optik-Art vier statt fünf Tage bei vollem Lohnausgleich. Eine Entscheidung, die bundesweit für Aufmerksamkeit sorgte und nun dauerhaft bleibt.
«Wir haben während des Testjahres nur positive Erfahrungen gemacht», erklärt Witte. Die Mitarbeiter seien ausgeglichener, produktiver und die Krankheitstage merklich zurückgegangen. Doch wie so oft im Leben, passt ein Modell nicht für alle gleichermaßen. Besonders interessant: Eine Mitarbeiterin hat sich bewusst gegen die Viertagewoche entschieden.
«Ich arbeite lieber fünf Tage mit weniger Stunden», sagt Anke Paulsen, die seit acht Jahren im Betrieb tätig ist. Für sie bedeuten vier Tage mit jeweils 9,5 Stunden zu viel Stress an einem Tag. «Nach so langen Arbeitstagen bin ich abends einfach zu erschöpft für Familienleben oder Hobbys», berichtet sie aus ihrer Erfahrung während der Testphase.
Witte hat darauf flexibel reagiert und ein individuelles Modell für sie geschaffen. Ein Beispiel, das zeigt: Bei der Arbeitszeitgestaltung geht es nicht um starre Konzepte, sondern um maßgeschneiderte Lösungen.
Die Resonanz von Kunden war anfangs gemischt. «Manche waren skeptisch, ob wir noch ausreichend erreichbar sind», erinnert sich Witte. Durch klare Kommunikation und angepasste Öffnungszeiten haben sich diese Bedenken jedoch gelegt. Mittlerweile berichten einige Kunden, dass sie selbst mit ihrem Arbeitgeber über ähnliche Modelle sprechen.
Was in Hamburg begann, als ein Pilotprojekt mit 45 Unternehmen die Viertagewoche testete, findet mittlerweile bundesweit Nachahmer. Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage wünschen sich 71 Prozent der Beschäftigten in Deutschland flexiblere Arbeitszeiten.
In meinen fast zwanzig Jahren als Reporterin habe ich zahlreiche Arbeitsmodelle kommen und gehen sehen. Was bleibt, ist die Erkenntnis: Der Mensch steht im Mittelpunkt. Kein Modell funktioniert für alle gleich gut – aber jedes Unternehmen, das seinen Mitarbeitern zuhört und individuell reagiert, gewinnt langfristig.
Die Frage ist nicht mehr, ob wir anders arbeiten können, sondern wie. Der Dortmunder Optiker hat darauf eine pragmatische Antwort gefunden.