In Essen-Borbeck haben sich gestern rund 80 Bürgerinnen und Bürger zum Auftakt des Projekts «Dialog vor Ort» getroffen. Die Initiative soll die Kluft zwischen Wählern und Politik verkleinern. Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage fühlen sich 67 Prozent der Deutschen von der Politik nicht ausreichend gehört – ein alarmierender Wert für unsere Demokratie.
«Wir wollen keine Eintagsfliege sein, sondern dauerhaft im Gespräch bleiben», erklärt Projektleiterin Maria Schmidt im Borbecker Bürgersaal. Die ehemalige Sozialarbeiterin hat in jahrelanger Stadtteilarbeit erlebt, wie wertvoll direkter Austausch ist. Das neue Format bringt Kommunalpolitiker und Anwohner regelmäßig an einen Tisch – ohne Parteisymbole, dafür mit klaren Gesprächsregeln.
Besonders die Themen Verkehr und Sicherheit bewegen die Menschen im Essener Norden. «Seit dem Umbau der Germaniastraße traut sich meine 80-jährige Mutter nicht mehr allein zum Einkaufen», berichtet Anwohnerin Sabine Weber. Bezirksbürgermeister Thomas König hört aufmerksam zu und notiert sich die konkreten Probleme.
Das Besondere: Experten der Ruhr-Universität Bochum begleiten das Projekt wissenschaftlich. «Wir sehen, dass politische Teilhabe dort am besten funktioniert, wo Menschen direkten Zugang zu Entscheidungsträgern haben», erklärt Professor Dr. Michael Bauer, der seit Jahren Bürgerbeteiligung erforscht.
Die nächsten Gesprächsrunden sind bereits terminiert. In Hamburg habe ich ähnliche Projekte begleitet – oft scheitern sie an mangelnder Kontinuität. In Essen könnte es anders laufen. Die Mischung aus Nahbarkeit, strukturiertem Dialog und wissenschaftlicher Begleitung macht Hoffnung. Denn echte Demokratie braucht mehr als Wahlen alle paar Jahre.