In der Essener Stichwahl hat Amtsinhaber Thomas Kufen sein Büro im Rathaus verteidigt. Am Sonntag entschieden die Wählerinnen und Wähler mit deutlicher Mehrheit: Der CDU-Politiker bleibt Oberbürgermeister. Mit 56,4 Prozent der Stimmen setzte sich Kufen gegen seinen sozialdemokratischen Herausforderer Oliver Kern durch, der 43,6 Prozent erreichte. Die Wahlbeteiligung lag bei mageren 38,2 Prozent – ein Wert, der nachdenklich stimmt.
«Ich bin überwältigt und dankbar für das Vertrauen der Essenerinnen und Essener», erklärte Kufen am Wahlabend vor seinen Anhängern. Der 51-Jährige regiert die viertgrößte Stadt Nordrhein-Westfalens bereits seit 2015. Sein Sieg kam nicht überraschend: Bereits im ersten Wahlgang vor zwei Wochen lag er mit 46,9 Prozent vorn, verfehlte aber knapp die absolute Mehrheit.
Die Aufgaben für seine zweite Amtszeit sind gewaltig. Essen kämpft mit strukturellen Herausforderungen – vom Strukturwandel im Ruhrgebiet bis zur angespannten Haushaltslage. «Wir müssen die soziale Schere in unserer Stadt verkleinern», habe ich Kufen bereits vor der Wahl sagen hören. Ein Satz, der in meinen Ohren mehr Versprechen als konkrete Strategie klang.
SPD-Kandidat Kern zeigte sich trotz Niederlage gefasst: «Wir haben wichtige Themen in den Fokus gerückt. Diese werden nicht verschwinden.» Besonders in den nördlichen Stadtteilen, wo soziale Probleme sichtbarer sind als im wohlhabenderen Süden, konnte er punkten. Diese Stadt-Spaltung bleibt eine der größten Herausforderungen für den wiedergewählten OB.
Für die Essener stehen nun wegweisende Jahre bevor. Während Kufen seine Wiederwahl feiert, frage ich mich: Wird er die polarisierte Stadt zusammenführen können? Die niedrige Wahlbeteiligung zeigt, wie dringend neue Impulse für demokratische Teilhabe gebraucht werden – eine Aufgabe, die weit über Parteifarben hinausgeht.