Article – Die ganze Buchbranche diskutiert über eine Aktion in nordrhein-westfälischen Buchhandlungen, die seit Tagen für Wirbel sorgt. «Arschgeweih der Literatur» – mit diesem provokanten Begriff wurden dort Bestseller wie «Wo wir waren» von Theresia Enzensberger und weitere beliebte Titel versehen. Die Aktion, die eigentlich zum Nachdenken über Literaturkonsum anregen sollte, löste eine Welle der Empörung aus – und erhält gleichzeitig viel Zuspruch.
«Wir wollten einen Diskurs anstoßen, aber keine Autor:innen verletzen», erklärt Susanne Hargesheimer vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels in NRW. Die teilnehmenden Buchhandlungen hatten Schilder mit der Aufschrift «Arschgeweih der Literatur» an ausgewählte Bestseller geheftet. Die Idee: Leser:innen zum Nachdenken bringen, ob sie Bücher nur wegen des Hypes kaufen oder wegen ihres literarischen Werts.
In meinen fast zwanzig Jahren als Kulturjournalistin habe ich selten eine so polarisierende Aktion erlebt. Während die einen von «Bevormundung» und «Arroganz» sprechen, sehen andere darin einen «wichtigen Denkanstoß». Besonders in den sozialen Medien kochen die Gemüter hoch.
Theresia Enzensberger reagierte auf Instagram: «Ich finde die Aktion geschmacklos. Warum werden ausgerechnet Bücher von Frauen und jungen Autor:innen so abgewertet?» Tatsächlich traf die Kritik überwiegend zeitgenössische Werke, die ein jüngeres Publikum ansprechen.
Die Buchhandlung «Transfer» in Münster verteidigt hingegen die Aktion: «Wir wollten Gespräche über Literatur anregen, und genau das ist passiert.»
Was bedeutet echter literarischer Wert und wer darf darüber urteilen? Diese Frage bleibt. Für die Zukunft plant der Börsenverein NRW nun Lesungen mit den kritisierten Autor:innen – ein kluger Schachzug, um Brücken zu bauen. Am Ende zeigt die hitzige Debatte vor allem eines: Literatur berührt uns noch immer tief. Und das ist doch eigentlich eine gute Nachricht.