Als gestern im Bundestag erneut über die mögliche Rückkehr der Wehrpflicht diskutiert wurde, war die Spannung spürbar. CDU-Verteidigungsexperte Johann Wadephul fordert nun eine schnelle Einführung eines verpflichtenden Dienstjahres. «Wir können nicht länger warten», sagte er im ARD-Interview. Nach aktuellen Umfragen befürworten 61 Prozent der Deutschen eine Form der Wehrpflicht – ein deutlicher Stimmungswandel seit der Aussetzung 2011.
Die Debatte hat durch den Ukraine-Krieg und die veränderte Sicherheitslage neue Brisanz bekommen. Während Verteidigungsminister Pistorius (SPD) ein schwedisches Modell mit Wehrdienst für ausgeloste junge Menschen favorisiert, geht der CDU-Vorschlag weiter: Ein verpflichtendes Jahr für alle jungen Menschen, wahlweise bei der Bundeswehr oder im sozialen Bereich.
«Wir brauchen 350.000 Soldatinnen und Soldaten, um verteidigungsfähig zu sein», betont Wadephul. Derzeit hat die Bundeswehr nur etwa 181.000 aktive Kräfte. Bei meinen Gesprächen mit Bundeswehrangehörigen in München vergangene Woche wurde deutlich: Die Truppe selbst sieht einen Personalmangel als größeres Problem als fehlende Ausrüstung.
Kritik kommt besonders von den Grünen und der FDP. «Ein Zwangsdienst ist weder praktisch umsetzbar noch zeitgemäß», argumentiert FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Sie verweist auf fehlende Kasernen und Ausbildungskapazitäten.
Die Debatte wirft grundlegende Fragen zum Verhältnis von Bürger und Staat auf. Dürfen wir junge Menschen zum Dienst verpflichten? Die Antwort hängt davon ab, wie ernst wir die aktuelle Bedrohungslage nehmen – und welchen Preis wir für Sicherheit zu zahlen bereit sind.