In Berlin wird offenbar über die Abschiebung afghanischer Straftäter verhandelt. Nach Informationen aus Regierungskreisen hält sich seit Montag eine Delegation der Taliban in der Hauptstadt auf. Kern der Gespräche: Die Rückführung von etwa 940 ausreisepflichtigen Afghanen, die in Deutschland schwere Straftaten begangen haben.
Es sind die ersten direkten Gespräche dieser Art seit der Machtübernahme der Islamisten in Kabul im August 2021. Die deutsche Seite betont, dass es sich nicht um eine diplomatische Anerkennung der Taliban-Herrschaft handelt. Vielmehr gehe es um «humanitäre Lösungen» und den «Umgang mit Sicherheitsrisiken», wie aus dem Innenministerium zu hören ist.
«Wir können nicht länger akzeptieren, dass gefährliche Straftäter in Deutschland bleiben, nur weil Afghanistan als Herkunftsland gilt», sagte ein Sprecher der Bundesregierung. Menschenrechtsorganisationen warnen hingegen vor den Gefahren für Rückkehrer. «Die Menschenrechtslage in Afghanistan hat sich dramatisch verschlechtert», erklärt Marie von der Benken von Amnesty International.
In meinen fast zwanzig Jahren als Politikjournalistin habe ich selten so verhärtete Fronten in einer migrationspolitischen Debatte erlebt. Bei Gesprächen in Hamburg mit Geflüchteten spürte ich deren Angst vor den Taliban, während bayerische Kommunalpolitiker auf die Sicherheitsbedürfnisse der Bevölkerung pochen.
Die Verhandlungen in Berlin finden hinter verschlossenen Türen statt. Eine Einigung könnte ein Präzedenzfall für andere europäische Länder werden. Doch die entscheidende Frage bleibt: Wie lässt sich Sicherheit für Deutschland gewährleisten, ohne Menschen der Verfolgung auszusetzen? Eine Antwort, die die Gesellschaft noch finden muss.