In den Korridoren des Bundesgesundheitsministeriums ist die Nervosität spürbar. Karl Lauterbachs Sparpaket stößt auf heftige Kritik – und zwar genau dort, wo es am meisten wehtut: bei den Finanziers unseres Gesundheitssystems. Die Krankenkassen, die im kommenden Jahr ein Defizit von mindestens 3,5 Milliarden Euro erwarten, halten die geplanten Einsparungen für völlig unzureichend. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, bringt es auf den Punkt: «Die bislang vorgesehenen Maßnahmen reichen bei weitem nicht aus.»
Die Lage erinnert mich an die Gesundheitsreformen der frühen 2000er Jahre – auch damals ein Kraftakt zwischen allen Beteiligten. Doch die heutige Situation ist noch komplexer. Während die Beitragszahler bereits am Limit sind, steigen die Ausgaben im Gesundheitssystem kontinuierlich. Besonders die Arzneimittelkosten explodieren förmlich – allein im letzten Jahr um 9,5 Prozent. Ein unhaltbarer Zustand, wie mir ein Kassenarzt aus Berlin kürzlich bestätigte: «Wir verschreiben teure Medikamente, deren Nutzen teilweise fraglich ist, während an anderer Stelle das Geld fehlt.»
Die Krankenkassen fordern nun konsequente Strukturreformen. Der bisherige Plan von Minister Lauterbach, hauptsächlich bei den Kassen selbst und ihren Finanzreserven anzusetzen, greift zu kurz. Stattdessen müssten endlich auch Pharmafirmen und Leistungserbringer stärker in die Pflicht genommen werden. Die vorgeschlagene Erhöhung des Herstellerrabatts für Arzneimittel von 7 auf 12 Prozent könnte ein Anfang sein – reicht aber nicht.
Für die 74 Millionen gesetzlich Versicherten steht viel auf dem Spiel. Höhere Zusatzbeiträge scheinen unvermeidlich, wenn nicht bald wirksame Maßnahmen ergriffen werden. Besonders ärgerlich: Während die Pharmaindustrie Rekordgewinne verzeichnet, droht den Versicherten die nächste Beitragserhöhung. Diese Schieflage muss korrigiert werden, sonst verliert unser solidarisch finanziertes Gesundheitssystem weiter an Akzeptanz.
Wie der Verteilungskampf ausgehen wird, bleibt offen. Klar ist nur: Die Zeit der kleinen Kompromisse ist vorbei. Unser Gesundheitssystem braucht jetzt mutige, strukturelle Veränderungen – und zwar bevor die Beitragszahler vollends überfordert werden.