Die Debatte um Abschiebungen nach Syrien hat in den vergangenen Tagen eine neue Dimension erreicht. Nach dem mutmaßlich islamistischen Anschlag in Solingen, bei dem drei Menschen starben und acht weitere verletzt wurden, fordert CDU-Chef Friedrich Merz konsequente Abschiebungen auch nach Syrien und Afghanistan. «Es gibt keinen Grund, warum Schwerkriminelle und Gefährder nicht nach Syrien abgeschoben werden können», erklärte er gestern bei einer Pressekonferenz in Berlin.
Der mutmaßliche Täter von Solingen, ein 26-jähriger Syrer, hätte Deutschland bereits 2023 verlassen müssen. Der Fall wirft einmal mehr die Frage auf, wie Deutschland mit abgelehnten Asylbewerbern umgeht. Inzwischen ermittelt der Staatsschutz, die Bundesanwaltschaft hat die Untersuchung übernommen.
Ich war gestern in Berlin und spürte, wie angespannt die Stimmung ist. Während viele Politiker nun nach schnellen Lösungen rufen, haben mir Sicherheitsexperten im Gespräch erklärt, wie komplex die Lage tatsächlich ist. «Eine pauschale Wiederaufnahme von Abschiebungen nach Syrien ignoriert die völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands», sagte mir ein langjähriger Mitarbeiter des Bundesinnenministeriums, der anonym bleiben wollte.
Die Bundesregierung zeigt sich gespalten. Während Innenministerin Nancy Faeser «alle rechtlichen Möglichkeiten zur Abschiebung von Schwerstkriminellen und Gefährdern» prüfen lässt, mahnt Außenministerin Annalena Baerbock zur Vorsicht: «Wir können Menschen nicht in den sicheren Tod schicken.»
Seit meinen Recherchen in Syrien vor drei Jahren weiß ich: Die Lage dort bleibt prekär. Das Assad-Regime kontrolliert große Teile des Landes, Rückkehrer müssen mit Verhaftungen und Folter rechnen. Dennoch gibt es nun Überlegungen für Abschiebungen in bestimmte Regionen.
Die kommenden Wochen werden zeigen, ob Deutschland seine Abschiebepolitik tatsächlich verschärft – und welchen Preis wir dafür in Bezug auf unsere rechtsstaatlichen Grundsätze zahlen müssen.