Die Nerven der Münchner Pendler liegen blank. Das Chaos auf der S-Bahn-Stammstrecke hat in den vergangenen Wochen ein Ausmaß erreicht, das selbst hartgesottene Bahnfahrer an ihre Grenzen bringt. Allein im Oktober fielen über 1.800 Züge aus oder waren verspätet – das sind mehr als 60 täglich. Die Deutsche Bahn hat nun eine Notmaßnahme angekündigt, die zumindest kurzfristig für Entlastung sorgen soll.
«Es ist eine unhaltbare Situation«, sagt Verkehrsministerin Kerstin Schreyer bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. «Die Menschen müssen sich auf ihren Arbeitsweg verlassen können.» Die Bahn reagiert nun mit einem Notfallplan: Ab kommender Woche werden zusätzliche Techniker an neuralgischen Punkten der Stammstrecke stationiert, um bei Störungen schneller eingreifen zu können.
Als ich gestern am Marienplatz stand, konnte ich die Frustration der Fahrgäste förmlich greifen. Eine junge Mutter mit Kinderwagen erzählte mir verzweifelt, sie komme seit Wochen regelmäßig zu spät zur Arbeit. «Mein Chef hat kein Verständnis mehr, aber was soll ich machen?», fragte sie resigniert.
Die Ursachen für das Chaos sind vielfältig. Die veraltete Technik, Bauarbeiten für die zweite Stammstrecke und Personalmangel bilden einen Teufelskreis. Bahnvorstand Klaus Vornhusen gibt zu: «Wir haben die Belastbarkeit des Systems überschätzt. Die Infrastruktur ist am Limit.»
Neben den Technikern vor Ort soll ein vereinfachter Fahrplan helfen. Bei Störungen werden künftig bestimmte Linien gezielt umgeleitet, statt den Verkehr komplett zusammenbrechen zu lassen. «Eine Notlösung», wie Fahrgastverbände kritisieren, «aber besser als das aktuelle Chaos».
Ob diese Maßnahmen ausreichen, bleibt fraglich. Die dauerhafte Lösung – die zweite Stammstrecke – lässt noch Jahre auf sich warten. Bis dahin müssen wir Münchner wohl weiterhin tiefe Luft holen. Und vielleicht öfter mal das Radl nehmen.