Das Traditionsduell zwischen Jahn Regensburg und den Löwen elektrisiert die Fanszene – und offenbart gleichzeitig, wie sehr die Digitalisierung unser Fußballerlebnis verändert hat. Während früher Radios mit Ohrstöpseln die einzige Möglichkeit waren, live dabei zu sein, strömen heute Daten in Echtzeit auf unsere Smartphones. Die Fan-App des TSV 1860 verzeichnete beim Derby-Wochenende einen Nutzungsanstieg von 213 Prozent.
Aus dem analogen Stadionerlebnis ist längst eine Hybrid-Erfahrung geworden. «Die Grenze zwischen dem physischen Stadionbesuch und dem digitalen Fan-sein verschwimmt zusehends», erklärt Michael Becker, Digitalexperte beim Bayerischen Fußballverband. Während im Jahnstadion die Stimmung kochte, teilten tausende Fans ihre Emotionen in Echtzeit in den sozialen Netzwerken. Was früher am Stammtisch diskutiert wurde, findet heute in WhatsApp-Gruppen und Twitter-Threads statt – und das nicht erst nach Abpfiff, sondern während der 90 Minuten.
Besonders auffällig: Die Second-Screen-Nutzung im Stadion selbst hat drastisch zugenommen. Laut einer Umfrage unter Drittliga-Fans checken 68 Prozent während des Spiels regelmäßig Live-Statistiken auf ihren Smartphones. Die Spieler selbst bewegen sich in einer komplett vermessenen Welt: Tracking-Systeme zeichnen jeden Sprint auf, analysieren Laufwege und liefern den Trainerstäben Daten in bisher ungekannter Tiefe.
Die Kehrseite dieser Entwicklung erlebe ich bei jedem Stadionbesuch: Viele Fans verpassen entscheidende Spielszenen, weil sie auf ihre Handys starren. Die technische Vermittlung droht manchmal, das unmittelbare Erlebnis zu überlagern.
Wohin führt diese Entwicklung? Die nächste Generation von Stadion-Apps wird wohl Augmented-Reality-Elemente integrieren – Spielerinformationen, die direkt ins Sichtfeld eingeblendet werden, wenn man sein Smartphone auf das Spielfeld richtet. Die Frage bleibt: Verlieren wir dabei etwas vom ursprünglichen Gemeinschaftserlebnis, oder entsteht eine neue, bereicherte Form des Fan-seins? Vielleicht liegt die Antwort, wie so oft in der digitalen Welt, irgendwo dazwischen.