Die Berliner Landeskirche hat sich hinter ihre Pfarrerin gestellt, die in die Kritik geraten ist, nachdem sie eine polyamore Beziehung gesegnet haben soll. Tatsächlich handelte es sich jedoch um die Segnung eines Paares, das offen über seine polyamore Lebensweise spricht. Der Fall sorgt seit Tagen für kontroverse Diskussionen in den sozialen Medien.
«Es ging um die Segnung einer Ehe zwischen zwei Menschen – und nicht um mehr», erklärt Bischof Christian Stäblein der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg. Nachdem Berichte über eine vermeintliche «Polyhochzeit» im Internet kursierten, sah sich die Kirche nun gezwungen, Stellung zu beziehen.
Die betroffene Pfarrerin selbst beschreibt die Situation als «Missverständnis mit Folgen». Bei einem Gottesdienst in der Genezareth-Kirche im Berliner Stadtteil Neukölln hatte sie ein Paar gesegnet, das offen zu seiner polyamoren Lebensweise steht. «Es waren ausschließlich zwei Menschen, die sich das Ja-Wort gegeben haben», stellt sie klar. Der Gottesdienst sei von allen Beteiligten als berührend und würdevoll erlebt worden.
Was mich bei der Berichterstattung erstaunt: Wie schnell aus einem traditionellen Segnungsgottesdienst in den sozialen Medien eine komplett andere Geschichte konstruiert wurde. Über 20 Jahre berichte ich nun schon über gesellschaftliche Debatten, aber die Geschwindigkeit der Empörungswellen nimmt spürbar zu.
Die Landeskirche betont, dass auch bei dieser Segnung die üblichen kirchlichen Regelungen eingehalten wurden. Für Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare hat die Evangelische Kirche bereits 2016 einen Rahmen geschaffen, für polyamore Beziehungen existieren solche Regelungen bislang nicht.
Der Fall zeigt, wie gesellschaftliche Debatten über verschiedene Lebensmodelle auch vor den Kirchentüren nicht Halt machen. Was bleibt, ist die Frage: Wie offen sollten kirchliche Segnungsformen für unterschiedliche Lebensentwürfe sein? Eine Antwort, die Kirchen und Gesellschaft noch finden müssen.