Stuttgart atmet auf: Der Talkessel verzeichnet die niedrigsten Schadstoffwerte seit Beginn der Messungen. An allen 14 Messstationen lagen die Stickstoffdioxid-Werte im vergangenen Jahr unter dem EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Am Neckartor, einst berüchtigt für Rekordbelastungen, wurden nur noch 32 Mikrogramm gemessen.
Die Erfolgsgeschichte hat viele Väter. «Die Kombination aus Fahrverboten, Verkehrsberuhigung und Flottenerneuerung zeigt deutliche Wirkung», erklärt Umweltamtsleiter Hans-Peter Kleemann. Noch 2018 lag der Wert am Neckartor bei alarmierenden 71 Mikrogramm. Die Einführung der Umweltzonen und das Durchfahrtsverbot für ältere Dieselfahrzeuge haben maßgeblich zur Verbesserung beigetragen.
Nicht alle Stuttgarter teilen die Begeisterung. «Die Fahrverbote haben mich fast meinen Job gekostet», klagt Handwerker Michael Bauer, der seinen alten Transporter vorzeitig ersetzen musste. Pendlerin Sarah Müller hingegen sieht es positiv: «Die Luft ist spürbar besser. Meine Kinder können endlich ohne Hustenanfälle im Schlossgarten spielen.»
Auch die Corona-Pandemie hat ihren Teil beigetragen. Der deutlich reduzierte Pendlerverkehr während der Lockdowns führte zu einem sprunghaften Rückgang der Belastung. Seither hat sich der Verkehr zwar normalisiert, aber viele Unternehmen setzen weiterhin auf flexibles Arbeiten.
Als Reporterin, die seit Jahren über die Luftqualität im Kessel berichtet, beobachte ich eine interessante Entwicklung: Was einst als «grüner Zwang» kritisiert wurde, gilt heute vielen als Erfolgsmodell. Der Stuttgarter Weg könnte bundesweit Schule machen – mehr Informationen dazu beim Umweltbundesamt.
Die Herausforderungen bleiben dennoch. Der Klimawandel mit häufigeren Hitzeperioden und Inversionslagen könnte die Luftqualität wieder verschlechtern. Und die Debatte um Tempo 30 in der Innenstadt sorgt weiter für hitzige Diskussionen. Eines ist jedoch klar: In Sachen Luftreinhaltung hat Stuttgart die Kurve gekriegt – und das im wahrsten Sinne des Wortes.