Die Stimmung vor der Barclays Arena in Hamburg ist angespannt, während sich Fans auf das ausverkaufte Till-Lindemann-Konzert am kommenden Freitag vorbereiten. Gleichzeitig formiert sich Widerstand: Feministische Gruppen und Bürgerinitiativen haben Proteste gegen den Rammstein-Sänger angekündigt. Laut Polizeiangaben werden rund 500 Demonstranten erwartet.
Was vor einem Jahr als Vorwürfe wegen angeblichen sexuellen Fehlverhaltens begann, spaltet nun die Musikszene. «Wir wollen ein Zeichen setzen gegen sexualisierte Gewalt in der Unterhaltungsindustrie», erklärt Lena Hoffmann vom Bündnis «Gemeinsam gegen Übergriffe». Die Staatsanwaltschaft Berlin hatte zwar die Ermittlungen gegen Lindemann eingestellt, doch der Fall wirkt nach.
In der Hansestadt habe ich solche Gegensätze schon oft erlebt. Auf der einen Seite die treue Fangemeinde, die ihrem Idol unerschütterlich zur Seite steht. Auf der anderen Seite Menschen, die kritische Fragen zur Verantwortung von Künstlern stellen. «Die Einstellung des Verfahrens bedeutet nicht, dass nichts passiert ist», betont Kulturwissenschaftlerin Dr. Martina Weber von der Universität Hamburg.
Der Konzertveranstalter Live Nation hat das Sicherheitskonzept angepasst. «Wir nehmen die Bedenken ernst und haben zusätzliche Schutzmaßnahmen getroffen», erklärt Pressesprecher Thomas Meier. Anstelle der umstrittenen «Row Zero» gibt es nun mehr Sicherheitspersonal und Awareness-Teams.
Während die Barclays Arena ein Hausrecht durchsetzen wird, bleibt die Frage: Wie gehen wir als Gesellschaft mit Künstlern um, deren Verhalten Fragen aufwirft – auch wenn juristisch nichts nachweisbar ist? Die Antwort müssen wir gemeinsam finden, jenseits von blinder Verehrung und vorschneller Verurteilung.