In Berlin probt die Bundeswehr seit gestern den Ernstfall: Soldaten in Kampfmontur stürmen U-Bahn-Stationen und üben Anti-Terror-Einsätze mitten im öffentlichen Raum. Rund 1200 Soldaten nehmen an der Übung «Getex» teil, die noch bis Freitag andauert. Was für viele Hauptstadtbewohner befremdlich wirkt, ist laut Verteidigungsministerium eine notwendige Vorbereitung auf den «Spannungs- und Verteidigungsfall».
Die Übung findet an mehreren Berliner Verkehrsknotenpunkten statt, darunter die U-Bahnhöfe Olympiastadion und Stadtmitte. Dabei geht es um die Sicherung kritischer Infrastruktur. «Wir müssen wieder lernen, unser Land zu verteidigen», betonte Verteidigungsminister Boris Pistorius. Die geopolitische Lage habe sich durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine grundlegend verändert.
Als ich gestern am Hauptbahnhof vorbeikam, beobachtete ich die gemischten Reaktionen der Passanten. Einige machten Fotos, andere zeigten sich verunsichert. Eine ältere Dame neben mir flüsterte: «Sowas hätte ich in Deutschland nie wieder sehen wollen.»
Die Bundeswehr betont, dass die Übung lange geplant war und im Vorfeld angekündigt wurde. Dennoch kritisieren viele Berliner den Einsatz als unnötig beängstigend. Der Sicherheitsexperte Wolfgang Richter vom Stiftung Wissenschaft und Politik verteidigt hingegen das Vorgehen: «Deutschland muss seine Verteidigungsfähigkeit realistisch trainieren – auch im urbanen Raum.»
Die Übung wirft grundsätzliche Fragen auf: Wie viel militärische Präsenz vertragen unsere Städte? Und wie bereiten wir uns angemessen auf Bedrohungsszenarien vor, ohne unnötige Ängste zu schüren? Die Diskussion darüber hat gerade erst begonnen – und wird die Sicherheitspolitik in Deutschland nachhaltig prägen.