Die Essener Stadtkasse ist leer – und das viel früher als befürchtet. 123 Millionen Euro fehlen bis zum Jahresende, teilte Oberbürgermeister Thomas Kufen gestern bei einer Pressekonferenz mit. Die Folge: eine verschärfte Haushaltssperre ab sofort. Selbst im Rathaus werden nun Heizung und Klimaanlagen gedrosselt, um Kosten zu sparen.
«Die Situation ist dramatisch, aber nicht aussichtslos«, erklärte Kämmerer Gerhard Grabenkamp. Hauptursachen für das Defizit seien gestiegene Sozialausgaben und unerwartete Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst. Allein die Kosten für Bürgergeld und Unterbringung von Geflüchteten stiegen um 34 Millionen Euro.
Die Auswirkungen spüren die Essener unmittelbar. Einige Schwimmbäder schließen früher, Bibliotheksöffnungszeiten werden reduziert. Die geplante Sanierung des Stadtgartens muss warten. «Nur noch absolute Pflichtaufgaben werden finanziert«, so Kufen. Auch die Streetwork-Angebote in der Innenstadt stehen auf der Kippe.
Als ich gestern durch die Rüttenscheider Straße ging, herrschte bei vielen Geschäftsleuten Verunsicherung. «Erst Corona, dann Energiekrise, jetzt das», sagte Boutique-Besitzerin Marion Lehmann. «Wir befürchten, dass weniger Menschen in die Innenstadt kommen, wenn die Stadt an Attraktivität verliert.»
Der Rat muss nächste Woche ein Sparpaket beschließen. Stadtspitze und Opposition streiten bereits über mögliche Steuererhöhungen. «Das ist kein Essener Problem allein«, betont Kufen. «Viele Kommunen stehen mit dem Rücken zur Wand.» Die Frage bleibt: Wie viel Sparen verträgt eine Stadt, bevor sie ihre Lebensqualität verliert?