Seit gestern Abend steht es fest: Das Mammutprojekt Stuttgart 21 wird erneut teurer. Nach aktuellen Berechnungen belaufen sich die Kosten auf mindestens 11 Milliarden Euro – mehr als das Fünffache der ursprünglich veranschlagten 2,5 Milliarden. Die Deutsche Bahn bestätigte zudem eine weitere Verzögerung: Statt 2025 soll der Tiefbahnhof erst 2026 in Betrieb gehen.
Als ich vor 15 Jahren erstmals aus Baden-Württemberg über die ersten Proteste berichtete, hätte niemand solche Dimensionen für möglich gehalten. Die Geschichte des Projekts gleicht einer Achterbahnfahrt. «Wir erleben hier ein beispielloses Versagen in der Infrastrukturplanung», sagt Verkehrsexperte Prof. Martin Weber von der Universität Stuttgart. Die Kostenexplosion sei ein «Sinnbild für ein Deutschland, das sich bei Großprojekten systematisch verschätzt».
Besonders bitter für die Stuttgarter: Sie müssen weiterhin mit Baustellen leben. Bei meinem letzten Besuch im Frühjahr berichtete mir eine Café-Besitzerin am Hauptbahnhof: «Meine Umsätze sind seit Jahren eingebrochen. Viele meiner Stammkunden kommen wegen der ständigen Umleitungen nicht mehr.»
Auch politisch bleibt das Projekt brisant. Die Grünen, einst erbitterte Gegner von Stuttgart 21, tragen in der Landesregierung die Mehrkosten mit. Ministerpräsident Winfried Kretschmann betonte gestern: «Wir stehen zu unserer Verantwortung, aber die Kostensteigerungen sind in dieser Form nicht akzeptabel.»
Für die Zukunft bleibt die Frage: Wird Stuttgart 21 jemals wirtschaftlich sein? Oder bleibt es ein mahnendes Beispiel dafür, wie Großprojekte in Deutschland scheitern können – und trotzdem weitergebaut werden müssen?