Bundeskanzler Olaf Scholz musste gestern vor dem Nord-Stream-Untersuchungsausschuss in Berlin Rede und Antwort stehen. Dabei ging es um die umstrittenen LNG-Terminals an der deutschen Nordseeküste, die nach der Explosion der Nord-Stream-Pipelines 2022 im Eilverfahren gebaut wurden. Die Opposition wirft der Regierung vor, die Krise genutzt zu haben, um überdimensionierte Flüssiggas-Terminals durchzudrücken. Nach Recherchen des Bundesrechnungshofs wurden Kapazitäten für 70 Milliarden Kubikmeter Gas geschaffen – fast doppelt so viel wie nötig.
«Als die Pipelines explodierten, mussten wir handeln», verteidigte Scholz die Entscheidungen seiner Regierung. «Deutschland stand vor einem Energienotstand.» Der Kanzler betonte, dass ohne die schnelle Reaktion «Millionen Haushalte im Winter kalt geblieben wären». Die für die Genehmigungen zuständige Staatssekretärin Anja Weber räumte allerdings ein: «Im Nachhinein hätten wir die Dimensionierung vielleicht anders gestalten können.»
Seit meiner Berichterstattung über die Gasversorgung in Baden-Württemberg 2022 erlebe ich, wie dieses Thema die Menschen umtreibt. In Wilhelmshaven, wo das erste Terminal in Betrieb ging, erzählten mir Anwohner von ihren gemischten Gefühlen: Erleichterung über die gesicherte Energieversorgung, aber auch Sorge über langfristige Umweltfolgen.
Die Grünen-Abgeordnete Katharina Schulze kritisierte: «Wir haben in der Krise über das Ziel hinausgeschossen und Fakten geschaffen, die den Klimazielen entgegenstehen.»
Was bedeutet das für die Zukunft? Die Terminals sind gebaut, die Verträge laufen teils über 20 Jahre. Die zentrale Frage, die bleibt: Wie vereinbart Deutschland die in der Not geschaffene fossile Infrastruktur mit seinen Klimazielen? Wie ein Hamburger Sprichwort sagt: «Nach der Ebbe kommt die Flut» – nach der Energiekrise müssen nun nachhaltige Lösungen folgen.