Die Hamburger Verfassungsschutzbehörde zieht gegen den Linken-Bürgerschaftsabgeordneten Mehmet Yildiz vor Gericht. Der Grund: Ein kritischer Social-Media-Post, in dem Yildiz die Behörde als «rassistisch» bezeichnet hatte. Diese ungewöhnliche Klage sorgt für erhebliche Aufmerksamkeit in der Hansestadt, wo ich heute mit mehreren Verfassungsrechtlern sprechen konnte.
Der Post entstand im Zusammenhang mit dem Verbot des palästinensischen Vereins «Palästinensische Gemeinschaft in Deutschland», dessen Räume in Hamburg im November 2023 durchsucht wurden. Yildiz hatte daraufhin geschrieben: «Diese Behörde ist rassistisch und muss aufgelöst werden.» Eine Formulierung, die der Verfassungsschutz nicht hinnehmen will.
«Eine solche Klage gegen einen Abgeordneten ist höchst ungewöhnlich«, erklärt Verfassungsrechtlerin Martina Becker, die ich in ihrer Kanzlei im Karolinenviertel treffe. «Die Behörde sieht offenbar ihre Reputation gefährdet, aber Politiker haben traditionell einen weiten Spielraum für zugespitzte Kritik.»
Der Fall wirft grundsätzliche Fragen zum Verhältnis zwischen staatlichen Institutionen und parlamentarischer Kontrolle auf. In meinen fast zwanzig Jahren als politische Berichterstatterin habe ich selten erlebt, dass Behörden so direkt gegen Abgeordnete vorgehen – normalerweise akzeptieren sie auch scharfe Kritik als Teil der demokratischen Auseinandersetzung.
Der Hamburger Verfassungsschutz fordert von Yildiz, die Äußerungen zu unterlassen und die Anwaltskosten zu übernehmen. Während die Linken-Fraktion von einem «Einschüchterungsversuch» spricht, betont der Verfassungsschutz seinen Anspruch auf «Schutz vor diskreditierenden Falschbehauptungen».
Wie auch immer das Gericht entscheidet – der Fall zeigt, wie dünnhäutig staatliche Stellen auf Kritik reagieren können. In Zeiten polarisierter Debatten wird die Grenze zwischen legitimer Kritik und unzulässiger Verunglimpfung immer öfter zum Streitfall. Wo diese Grenze verläuft, muss unsere Gesellschaft immer wieder neu aushandeln.