Die Stimmung auf Deutschlands Weihnachtsmärkten steht dieses Jahr unter besonderem Vorzeichen. Nach dem verheerenden Terroranschlag in Solingen im August mit drei Toten und mehreren Verletzten haben Städte und Gemeinden ihre Sicherheitskonzepte auf den Prüfstand gestellt. In München wurden erstmals mobile Sperren installiert, die einen Angriff mit Fahrzeugen verhindern sollen. Bundesweit gilt seit Oktober die zweithöchste Terrorwarnstufe.
«Wir wollen, dass die Menschen unbeschwert feiern können», erklärt Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter bei der Eröffnung des Christkindlmarkts. Tatsächlich sind die Maßnahmen für viele Besucher kaum spürbar. Die großen Betonpoller, die seit dem Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz 2016 zum Standardbild vieler Weihnachtsmärkte gehören, wurden vielerorts durch unauffälligere Sicherheitselemente ersetzt.
In Hamburg setzt man auf ein neues Konzept mit verstärkter Videoüberwachung und zusätzlichen Zivilstreifen. «Die Herausforderung besteht darin, Sicherheit zu gewährleisten, ohne dass die festliche Atmosphäre darunter leidet», sagt Polizeisprecher Thomas Jungfer.
Als ich gestern über den Stuttgarter Weihnachtsmarkt schlenderte, fiel mir auf, wie geschickt die Sicherheitsmaßnahmen ins Stadtbild integriert wurden. Die schweren Fahrzeugsperren sind als festliche Dekoelemente getarnt – eine Lösung, die ich in ähnlicher Form bereits in Baden-Württemberg beobachten konnte.
Eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa zeigt: 67 Prozent der Deutschen fühlen sich auf Weihnachtsmärkten trotz erhöhter Sicherheitsbedenken wohl. Die Besucherzahlen liegen bislang auf Vorjahresniveau.
Einige Marktbetreiber beklagen allerdings die finanziellen Belastungen durch erhöhte Sicherheitsauflagen. «Die Kosten für Absperrungen und Security-Personal haben sich in den letzten Jahren verdreifacht«, berichtet Christoph Schmalz vom Verband der Schausteller.
Wie wir mit dieser neuen Normalität umgehen, bleibt eine gesellschaftliche Herausforderung. Zwischen notwendiger Vorsicht und dem Bewahren von Traditionen steht die Frage, wie viel Unbefangenheit wir uns in unsicheren Zeiten bewahren können. Der Glühwein schmeckt trotzdem – vielleicht sogar besser, wenn wir uns bewusst Zeit nehmen für das, was uns wichtig ist.