Die Debatte um die Dresdner Wohnungsnot nimmt eine neue Wendung: Der Protest gegen das geplante «Gänsetaxi»-Projekt am Albertplatz wächst. Anwohner befürchten, dass die historische Sichtachse zur Neustadt durch den fünfgeschossigen Neubau beeinträchtigt wird. Nach aktuellen Zahlen der Stadt fehlen in Dresden über 15.000 bezahlbare Wohnungen.
«Wir verstehen den Bedarf an neuem Wohnraum, aber nicht um jeden Preis», sagt Anwohnerin Maria Lehmann, die seit 20 Jahren in der Neustadt lebt. Der Investor verspricht dagegen 40 moderne Wohneinheiten und eine Bäckerei im Erdgeschoss – ein «dringend benötigter Beitrag zur Stadtentwicklung».
Bei meinem Besuch vor Ort wurde deutlich, wie emotional aufgeladen die Stimmung ist. Eine Bürgerinitiative hat bereits über 1.200 Unterschriften gesammelt. Die Baugrube klafft seit Monaten, während das Verwaltungsgericht die vorläufige Baustoppverfügung prüft.
Besonders umstritten ist die Namensgebung «Gänsetaxi», die auf die historische Nutzung des Areals als Marktfläche verweist. «Das ist Geschichtsklitterung, um Kommerz schönzureden», kritisiert Stadthistoriker Dr. Müller. Die Stadtratssitzung vergangene Woche endete ohne Kompromiss.
Dresden steht exemplarisch für den Konflikt zwischen Wohnraumbedarf und Stadtbilderhalt, der viele deutsche Städte prägt. Eine Entscheidung wird für Januar erwartet. Bis dahin bleibt die Frage: Wie viel Veränderung verträgt unsere Stadt? Und zu welchem Preis?