Beim Bundeskongress der Jusos in Mannheim haben die jungen Sozialdemokraten am Wochenende deutliche Kritik am Kurs der Mutterpartei geübt. Rund 300 Delegierte forderten eine Rückbesinnung auf sozialdemokratische Kernwerte und stellten sich gegen den Sparkurs der Ampel-Regierung. Besonders das Handeln von Kanzler Olaf Scholz und Finanzminister Christian Lindner stand im Fokus der Kritik. Nach Zahlen des SPD-Parteivorstands hat die Partei seit Beginn der Ampel-Koalition rund 45.000 Mitglieder verloren.
«Die Menschen erwarten zu Recht, dass die SPD für soziale Gerechtigkeit kämpft und nicht für die schwarze Null», sagte die Juso-Bundesvorsitzende Philipp Türmer in seiner Eröffnungsrede. Er kritisierte die Kompromisse der Regierungskoalition als «zu weit von sozialdemokratischen Grundwerten entfernt».
Die Stimmung unter den Jusos war aufgeladen, aber konstruktiv. In zahlreichen Workshops und Diskussionsrunden erarbeiteten die Delegierten Positionen zu Themen wie Klimapolitik, bezahlbarem Wohnraum und Steuerreformen. Der Kongress verabschiedete mit großer Mehrheit einen Leitantrag, der die Aussetzung der Schuldenbremse und höhere Steuern für Reiche fordert.
Als ich mit einigen Delegierten aus Baden-Württemberg ins Gespräch kam, wurde deutlich: Viele fürchten den Verlust der sozialdemokratischen Identität in der Koalition. «Wir stehen an der Basis und müssen den Menschen erklären, warum unsere Partei in Berlin anders handelt als versprochen», erzählte mir ein junger Kommunalpolitiker aus Freiburg.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert, selbst ehemaliger Juso-Vorsitzender, versuchte die Wogen zu glätten. «Wir brauchen eure kritische Stimme», sagte er in Richtung der Delegierten. «Aber wir brauchen auch euer Verständnis für die Kompromisse einer Koalitionsregierung.»
Was bedeutet dies für die SPD? Der Druck von der Parteijugend wächst, während die Umfragewerte weiter sinken. Ob die Parteiführung diesen Weckruf hört, bleibt abzuwarten. Die Jusos jedenfalls haben in Mannheim klar gemacht: Ihr Schweigen können sich Scholz und Co. nicht länger erkaufen.