Die Gießener haben ein klares Signal gegen Rechts gesetzt. Nach dem Wochenende mit dem umstrittenen AfD-Bundeskongress der Jungen Alternative zeigt sich die Stadtgemeinschaft nachdenklich, aber entschlossen. Rund 10.000 Menschen demonstrierten friedlich gegen die Veranstaltung der als gesichert rechtsextrem eingestuften Jugendorganisation. Der AfD-Kongress in der Hessenhalle verlief mit etwa 300 Teilnehmern ohne größere Zwischenfälle.
«Ich bin beeindruckt von der Zivilcourage unserer Stadtgesellschaft», erklärte Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher. Nach seinem Besuch bei den Demonstrationen betonte er: «Gießen hat Haltung gezeigt.» Eine Erfahrung, die ich aus meinen Reporterjahren in Baden-Württemberg kenne: Wenn demokratische Kräfte zusammenhalten, entsteht eine Dynamik, die weit über den Anlass hinauswirkt.
Die Polizei zieht ebenfalls positive Bilanz. Mit einem Großaufgebot von rund 1.500 Beamten aus mehreren Bundesländern sicherte sie sowohl die AfD-Veranstaltung als auch die Gegendemonstrationen. «Die allermeisten Protestierenden haben friedlich demonstriert», sagte Polizeisprecher Jörg Reinemer. Nur vereinzelt kam es zu Rangeleien, 17 Personen wurden vorübergehend in Gewahrsam genommen.
Das «Bündnis gegen Rechts» und die Initiative «Gießen für Alle» zeigen sich zufrieden mit der Mobilisierung. «Die Menschen haben verstanden, dass es um mehr geht als um eine einzelne Veranstaltung», erklärte Sprecherin Lea Markgraf. «Es geht um die Zukunft unserer Demokratie.»
Die Frage bleibt: Was bleibt von diesem Wochenende? Für Gießen könnte es ein Aufbruchsignal sein. «Mit ham’se rechts überholt», stand auf einem selbstgemalten Plakat – typisch hessischer Humor in ernsten Zeiten. Die demokratische Mitte hat gezeigt: Sie ist wachsam, sie ist da, und sie ist bereit, sich einzumischen. Das ist vielleicht die wichtigste Botschaft dieses Wochenendes in Mittelhessen.