Als die Nachricht am frühen Morgen durchsickerte, überraschte es selbst die langjährigen Beobachter der Berliner Politik: Bettina König soll die neue Vorsitzende der Hauptstadt-SPD werden. Die Reinickendorfer Abgeordnete, seit 2016 im Landesparlament, wurde vom amtierenden Parteichef und Regierenden Bürgermeister Kai Wegner als Nachfolgerin vorgeschlagen. Eine Personalie, die kaum jemand auf dem Schirm hatte.
«Ist nicht mein Plan gewesen», gesteht König in einer ersten Reaktion. Die 48-Jährige gilt als bodenständige Sozialdemokratin mit Verwurzelung im Norden Berlins. Besonders in sozialpolitischen Fragen hat sie sich profiliert – von Arbeitsmarktthemen bis zur Bekämpfung von Kinderarmut. «In der SPD braucht es jetzt jemanden, der die verschiedenen Strömungen zusammenbringen kann«, sagt der Politikwissenschaftler Klaus Hoffmann vom Berliner Institut für Parteienforschung.
Für die Berliner SPD könnte diese Personalentscheidung eine Chance zur Erneuerung sein. Nach dem historisch schlechten Wahlergebnis und dem Verlust des Bürgermeisteramts steckt die Partei in einer Identitätskrise. Bei meiner letzten Reportage in Reinickendorf konnte ich spüren, wie das Vertrauen der traditionellen SPD-Wählerschaft bröckelt. «Die da oben haben den Kontakt zu uns verloren«, hörte ich immer wieder.
König will das ändern. In Parteikreisen wird sie als Brückenbauerin geschätzt, die sowohl mit dem linken Flügel als auch mit den Pragmatikern kann. «Sie hört zu, bevor sie entscheidet«, lobt eine langjährige Weggefährtin. Die Frage ist, ob König die nötige Durchsetzungskraft mitbringt, um die zerstrittene Hauptstadt-SPD wieder auf Kurs zu bringen.
Die Entscheidung über den Parteivorsitz fällt beim Landesparteitag im kommenden Monat. Für die Sozialdemokraten geht es um nichts weniger als ihre Zukunft in Berlin. Schafft die neue Führung den Neuanfang oder bleibt es bei einer Personaldebatte ohne echte Erneuerung? In den Kiezen der Stadt werden sie genau hinschauen.