Die Hamburger Finanzbehörden stehen vor einer Mammutaufgabe: Sie prüfen derzeit 140 Verdachtsfälle von Steuerbetrug mit einem Volumen von rund 2,1 Milliarden Euro. Dabei geht es um sogenannte Cum-Ex- und Cum-Cum-Geschäfte, bei denen der Staat über Jahre hinweg um Milliarden betrogen wurde. Die Zahlen legte Finanzsenator Andreas Dressel jetzt erstmals detailliert offen.
Die komplexen Steuermodelle funktionieren durch einen perfiden Trick: Bei Cum-Ex ließen sich Aktienbesitzer eine einmal gezahlte Kapitalertragssteuer mehrfach erstatten. Bei Cum-Cum wurden Steuern durch geschickte Aktienverschiebungen ins Ausland umgangen. «Das ist kein Kavaliersdelikt, sondern systematischer Betrug am Gemeinwesen», sagte Dressel bei der Vorstellung der Zahlen.
Seit 2016 arbeitet die Stadt mit Hochdruck an der Aufarbeitung. 48 Cum-Ex- und 92 Cum-Cum-Fälle werden derzeit geprüft. In 24 Fällen wurden bereits 305 Millionen Euro zurückgefordert. «Jeder Euro zählt für unsere städtischen Kassen», betonte Dressel.
Als ich vor Jahren das erste Mal über diese Steuermodelle berichtete, konnte kaum jemand die Dimension erfassen. Inzwischen zeigt sich: Der Schaden für alle deutschen Steuerzahler beläuft sich auf schätzungsweise 35 Milliarden Euro.
Hamburg geht nun konsequent voran, auch um Verjährungen zu verhindern. Alle potenziellen Fälle sollen bis Ende 2025 geprüft sein. Der Fall macht deutlich: Steuergerechtigkeit braucht einen langen Atem – und den politischen Willen, auch gegen finanzstarke Gegner vorzugehen.