Die Drohkulisse des Kremls erreicht eine neue Dimension. Bei einem Treffen mit Militärangehörigen erklärte Präsident Putin jetzt erstmals öffentlich seine Bereitschaft zum Krieg gegen europäische Staaten. Mit seinen Worten «Wenn Europa kämpfen will, dann können wir das tun» überschreitet der russische Machthaber eine rote Linie, die bisher zumindest rhetorisch gewahrt wurde. Experten sehen darin eine gefährliche Eskalation der ohnehin angespannten Beziehungen zwischen Russland und dem Westen.
Seit dem Frühjahr 2022 unterstützen westliche Staaten die Ukraine mit Waffenlieferungen und Finanzhilfen gegen die russische Invasion. Diese Hilfe war für Putin stets ein Dorn im Auge. «Was wir hier erleben, ist eine schrittweise Aufgabe der bisherigen Zurückhaltung», erklärt Dr. Margarete Klein vom Institut für Sicherheitspolitik in Berlin. «Der Kreml testet bewusst Grenzen aus und versucht, Risse im westlichen Bündnis zu erzeugen.»
Die unmittelbaren Auswirkungen solcher Drohungen spüren vor allem die Menschen in der Ukraine. In Charkiw etwa sind die Stromversorgung und medizinische Einrichtungen durch russische Angriffe schwer beeinträchtigt. «Unsere Patienten leiden doppelt – unter den direkten Kriegsfolgen und dem zusammenbrechenden Gesundheitssystem», berichtet Dr. Olena Petrenko vom städtischen Krankenhaus. Die Situation erinnert an den Kalten Krieg, als Europa bereits einmal Schauplatz einer gefährlichen Konfrontation zwischen Ost und West war.
Putins neue Rhetorik fällt in eine Zeit, in der die internationale Diplomatie ohnehin am seidenen Faden hängt. NATO-Generalsekretär Stoltenberg warnte bereits vor einer «ernstzunehmenden Bedrohung der europäischen Sicherheitsarchitektur». Die kommenden Wochen werden zeigen, ob es sich um kalkulierte Provokation handelt oder um ein tatsächliches Anzeichen für weitere militärische Schritte. Was bleibt, ist die bange Frage: Wie weit ist Putin wirklich bereit zu gehen, und welchen Preis werden die Menschen in der Ukraine und möglicherweise darüber hinaus dafür zahlen müssen?