Die Tunnelbohrmaschine misst beeindruckende 7,80 Meter im Durchmesser und wiegt 1.300 Tonnen – nun soll sie sich für die zweite Münchner S-Bahn-Stammstrecke durch den Untergrund der Stadt arbeiten. Ab September beginnt unter dem Hauptbahnhof die nächste große Bauphase des umstrittenen Mammutprojekts, das die bayerische Landeshauptstadt seit Jahren in Atem hält.
Vom westlichen Zugang des neuen Hauptbahnhofs wird der Koloss sich in Richtung Marienhof vorarbeiten, wo der zentrale Umsteigebahnhof entstehen soll. «Die Bohrmaschine schafft je nach Bodenverhältnissen zwischen acht und 15 Meter pro Tag», erklärt Projektleiter Markus Kretschmer von der Deutschen Bahn. Das klingt nach wenig, ist aber angesichts der Herausforderungen unter der dicht bebauten Innenstadt beachtlich.
Die Kosten für das Projekt sind seit der ersten Planung 2016 von 3,8 auf mindestens 8,5 Milliarden Euro gestiegen. Die Fertigstellung verschob sich von 2028 auf frühestens 2037. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) kritisiert: «Wir brauchen Transparenz und verlässliche Zusagen zu Zeitplan und Kosten.»
Als ich vor 15 Jahren als junge Reporterin über die ersten Planungen berichtete, sprachen Befürworter noch von einer «Entlastung binnen weniger Jahre». Die Stimmung hat sich gewandelt. Viele Münchner Bürger sehen das Projekt mittlerweile skeptisch, wie regelmäßige Umfragen des Münchner Merkur zeigen.
Trotz aller Kritik: Verkehrsexperten halten die zweite Stammstrecke für unverzichtbar für den Ballungsraum München. Über die bestehende Stammstrecke quälen sich täglich fast 1.000 Züge – ursprünglich war sie für 250 konzipiert. Die Frage bleibt: Lohnt der Aufwand? Ein Gedanke, der viele Münchner bewegt, während unter ihren Füßen die gigantische Bohrmaschine ihre Arbeit aufnimmt.