Als ich gestern Abend vom Übergriff in Hamburg-Jenfeld hörte, stockte mir der Atem. Ein 22-jähriger Mann wurde am Mittwochabend auf offener Straße queerfeindlich beleidigt und mit Schlägen attackiert. Der junge Mann hatte lediglich eine Regenbogen-Tragetasche bei sich, als ihm vier Unbekannte auf der Rodigallee begegneten. Gegen 21:30 Uhr begann die beunruhigende Konfrontation.
Die Angreifer, allesamt Männer zwischen 18 und 25 Jahren, beleidigten das Opfer zunächst homophob. Als der 22-Jährige versuchte, die Situation zu deeskalieren, eskalierte sie erst recht. Einer der Täter schlug ihm unvermittelt ins Gesicht und auf den Hinterkopf. Die Gruppe flüchtete anschließend in Richtung U-Bahnhof Jenfeld.
«Die Zunahme queerfeindlicher Übergriffe in deutschen Großstädten ist alarmierend», erklärt Polizeipsychologin Dr. Martina Weber. «Häufig werden selbst kleine Symbole wie Regenbogenfahnen oder -taschen zum Anlass für Gewalt.»
Die Hamburger Polizei ermittelt nun wegen Körperverletzung und sucht Zeugen. Der Staatsschutz wurde eingeschaltet – ein klares Zeichen, dass die Behörden den Fall als politisch motivierte Straftat einstufen.
In meinen fast zwei Jahrzehnten als Reporterin habe ich beobachtet, wie sich die gesellschaftliche Stimmung verändert hat. Wo früher Ignoranz herrschte, gibt es heute mehr Sichtbarkeit für queere Menschen – aber leider auch mehr offene Feindseligkeit.
Der Vorfall in Jenfeld reiht sich ein in eine besorgniserregende Entwicklung. Laut Polizeistatistik haben queerfeindliche Übergriffe in Hamburg im letzten Jahr um 27 Prozent zugenommen. Jeder dieser Fälle ist nicht nur ein Angriff auf eine einzelne Person, sondern auf das Grundrecht, ohne Angst leben zu können.
Wir müssen uns fragen: Wie können wir als Gesellschaft dafür sorgen, dass solche Übergriffe aufhören? Der Kampf gegen Hass beginnt beim Hinsehen und beim Mut, nicht zu schweigen.