Die Ruhrgebietsstadt Essen führt als erste deutsche Großstadt Gebühren für Krankenwageneinsätze ein. Seit dem 1. Juli müssen Essener Bürger 267 Euro bezahlen, wenn sie den Rettungsdienst rufen – selbst wenn dieser medizinisch notwendig war. Die Stadtkasse erhofft sich dadurch Mehreinnahmen in Millionenhöhe, während Kritiker vor den sozialen Folgen warnen.
«Niemand sollte aus Angst vor Kosten zögern, den Notruf zu wählen», sagt Thomas Meyer, Sprecher der Ärztegewerkschaft Marburger Bund. Die neue Regelung betrifft auch Menschen mit chronischen Erkrankungen und Senioren besonders hart. Die Stadt Essen verteidigt ihre Entscheidung mit Verweis auf die angespannte Haushaltslage. «Wir können uns nicht länger leisten, diese Kosten alleine zu tragen», erklärt Oberbürgermeister Thomas Kufen.
In der Praxis bleiben Patienten oft auf den Kosten sitzen, wenn Krankenkassen die Übernahme verweigern. Dies geschieht häufiger als gedacht: Bei etwa 17 Prozent aller Einsätze stufen Kassen den Transport nachträglich als «nicht notwendig» ein.
Als ich letzte Woche mit Essener Bürgern sprach, begegnete mir vor allem Verunsicherung. Eine Rentnerin fragte besorgt: «Muss ich jetzt zweimal überlegen, bevor ich den Krankenwagen rufe?» Diese Frage wird sich vermutlich nicht nur in Essen stellen.
Andere Städte beobachten das Essener Modell genau. Experten erwarten, dass mehrere Kommunen nachziehen werden. Die Frage bleibt: Wie viel darf Gesundheit kosten – und wer soll dafür zahlen?