Der Traum vom selbstständigen Leben nach dem Schicksalsschlag begann für Stefan Müller vor genau einer Woche. Der 48-jährige Dortmunder schloss am 12. September die Tür zu seiner neuen Zwei-Zimmer-Wohnung im MOSAIKhaus in Eving auf. Ein besonderer Moment nach jahrelangem Kampf. Seit einem Sturz vom Gerüst vor acht Jahren ist der gelernte Maler halbseitig gelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen. «Früher hätte ich nie gedacht, dass ich mal so wohnen würde», sagt Müller mit Blick auf die barrierefreien 60 Quadratmeter.
Das MOSAIKhaus in Eving ist ein Leuchtturmprojekt für inklusives Wohnen. 24 barrierefreie Wohnungen, davon acht speziell für Menschen mit Behinderungen. Die Besonderheit: Im Erdgeschoss befindet sich eine Pflegestation, die bei Bedarf schnell Hilfe leisten kann. «Hier bekomme ich genau die Unterstützung, die ich brauche, aber meine Selbstständigkeit bleibt gewahrt», erklärt Müller, während er durch seine neue Küche rollt. Die Arbeitsplatten sind unterfahrbar, Schränke in Reichweite, der Backofen auf Augenhöhe.
Nach dem Unfall verbrachte Müller mehrere Jahre in einer Pflegeeinrichtung. «Dort war ich umsorgt, aber fremdbestimmt», erinnert er sich. Die Suche nach einer passenden Wohnung gestaltete sich schwierig. Oft scheiterte es an zu schmalen Türen, Stufen oder nicht anpassbaren Bädern. Dazu kam die Wohnungsknappheit in Dortmund. Die Wartelisten für barrierefreie Wohnungen sind lang.
«Ich habe in Hamburg viele solcher Projekte gesehen und war überrascht, wie wenige es im Ruhrgebiet gibt», erzähle ich Stefan bei unserem Gespräch. Er nickt: «Dabei brauchen wir das dringend. Jeder kann morgen in meine Lage kommen.» Architekt Peter Wagner, der das Projekt betreut, bestätigt: «Der Bedarf ist enorm. Die Gesellschaft altert, gleichzeitig wollen Menschen mit Behinderungen selbstbestimmt leben.»
Das MOSAIKhaus fördert zudem den Austausch zwischen allen Bewohnern. Im Gemeinschaftsraum finden regelmäßige Treffen statt. Für Stefan bedeutet das nach Jahren der Isolation wieder mehr soziale Kontakte. «Endlich wieder ein echter Nachbar sein», sagt er lächelnd. Sein nächstes Ziel: Eine Teilzeitstelle als Berater für barrierefreies Wohnen. Ein Bereich, in dem er mittlerweile Experte ist.
Die Frage bleibt, ob solche Projekte künftig selbstverständlich werden. Menschen wie Stefan Müller hoffen darauf. Denn Inklusion beginnt nicht erst bei der Arbeit oder in der Freizeit – sie fängt beim Wohnen an.