Ein ungewöhnlicher Einsatz hat gestern in Flensburg für Aufsehen gesorgt: Ein junger Seehund verirrte sich in die Innenstadt und wurde in einem Wasserrad nahe des Museumshafens entdeckt. Das verängstigte Tier saß dort fest und konnte sich aus eigener Kraft nicht befreien. Passanten alarmierten die Feuerwehr, die gemeinsam mit Spezialisten der Seehundstation Friedrichskoog eine aufwendige Rettungsaktion startete.
«Es ist äußerst selten, dass sich Seehunde so weit in die Stadt verirren», erklärt Tierschützerin Tanja Rosenberger, die den Einsatz vor Ort koordinierte. Der etwa 20 Kilogramm schwere Junghund hatte sich vermutlich auf der Nahrungssuche verirrt und war durch die Förde in den Stadtbereich gelangt. Die Retter mussten zunächst das Wasser aus dem historischen Wasserrad abpumpen, bevor sie das Tier behutsam bergen konnten.
Während meiner Jahre in der Regionalberichterstattung habe ich mehrfach erlebt, wie Wildtiere in urbanen Räumen für Aufregung sorgen. Doch dieser Fall ist besonders: Die Flensburger reagierten mit einer Welle der Anteilnahme. Dutzende Schaulustige verfolgten die zweistündige Rettungsaktion, viele boten spontan ihre Hilfe an.
Nach einer ersten Untersuchung vor Ort wurde der junge Seehund zur weiteren Versorgung in die Seehundstation Friedrichskoog gebracht. «Der kleine Kerl ist etwas geschwächt, hat aber gute Überlebenschancen«, so Tierarzt Dr. Philipp Martens. Die Experten werden ihn aufpäppeln und anschließend wieder in seinem natürlichen Lebensraum auswildern.
Der Vorfall zeigt eindrücklich, wie eng vernetzt städtische und natürliche Lebensräume an der schleswig-holsteinischen Küste sind. Mit dem Klimawandel und verändertem Nahrungsangebot könnten solche ungewöhnlichen Begegnungen künftig häufiger werden. Was bleibt, ist die Erkenntnis: In Krisenzeiten rücken Mensch und Tier oft näher zusammen als gedacht.