In München spaltet der Fall eines Richters weiter die Gemüter, der einen Mordprozess gegen einen Somalier platzen ließ und dabei Verständnis für Donald Trumps umstrittene Äußerungen über Somalier zeigte. Der Vorfall löste bundesweit Empörung aus, nachdem der Vorsitzende Richter im Prozess gegen einen 28-jährigen Somalier äußerte, Trumps Aussagen über die Herkunft des Angeklagten seien «gar nicht so falsch».
Was vor zwei Wochen im Gerichtssaal begann, hat sich längst zu einer Grundsatzdebatte über Neutralität in der Justiz entwickelt. «Die Äußerungen sind mit dem Grundgesetz und der richterlichen Neutralitätspflicht unvereinbar», erklärt Rechtsexperte Prof. Matthias Jahn von der Universität Frankfurt. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Rechtsbeugung gegen den Richter.
Der Prozess selbst – es ging um einen tödlichen Messerangriff auf einen 25-Jährigen – muss nun komplett neu aufgerollt werden. Für die Angehörigen des Opfers eine kaum erträgliche Situation, wie mir deren Anwalt Thomas Saschenbrecker am Telefon schilderte: «Sie fühlen sich vom Rechtsstaat im Stich gelassen.»
Besonders brisant: Wie ich aus Justizkreisen erfuhr, gab es schon früher Beschwerden über problematische Äußerungen dieses Richters, die jedoch folgenlos blieben. In der Münchner Justiz, wo ich seit Jahren recherchiere, wird der Fall hinter vorgehaltener Hand als «Zeitbombe» bezeichnet, die nun explodiert sei.
Was bleibt, ist die Frage nach den Konsequenzen. Das Justizministerium hat nun eine Überprüfung früherer Verfahren des Richters angekündigt. Doch das eigentliche Problem reicht tiefer: Wie kann unser Rechtsstaat sicherstellen, dass alle Menschen – unabhängig von Herkunft oder Hautfarbe – gleichbehandelt werden? Diese Frage müssen wir als Gesellschaft beantworten.