Die EU macht Ernst mit der Verschärfung ihrer Asylpolitik. Das Europaparlament hat gestern mit deutlicher Mehrheit neue Regelungen beschlossen, die Abschiebungen in sogenannte sichere Drittstaaten erleichtern. Nach jahrelangem Ringen ist damit der Weg für eine grundlegende Reform der europäischen Migrationspolitik frei. Fast 70 Prozent aller abgelehnten Asylbewerber bleiben derzeit trotz Ausreisepflicht in der EU.
«Die Zeiten unkontrollierter Migration nach Europa sind vorbei», erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach der Abstimmung in Brüssel. Die Reform sieht beschleunigte Asylverfahren an den EU-Außengrenzen vor und ermöglicht die Unterbringung von Schutzsuchenden in Drittstaaten. Ähnliche Modelle werden bereits in Großbritannien und Italien erprobt.
Bei meinen Recherchen in Griechenland habe ich letztes Jahr mit Familien gesprochen, die seit über zwei Jahren in provisorischen Lagern ausharren. Viele wussten nicht, wie es weitergehen soll. Diese Ungewissheit dürfte sich nun verschärfen.
Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Reform scharf. «Wir befürchten eine systematische Aushöhlung des Asylrechts», sagt Judith Kohlenberger vom Deutschen Institut für Menschenrechte. Die Gefahr von Kettenabschiebungen sei real.
Die praktische Umsetzung bleibt jedoch fraglich. Welche Länder als «sichere Drittstaaten» gelten und ob sie überhaupt zur Aufnahme bereit sind, ist weitgehend ungeklärt. Zudem fehlen Kontrollmechanismen, die Menschenrechtsverletzungen in diesen Ländern verhindern könnten.
Die Reform wird Europa verändern – ob sie Migration tatsächlich «ordnet», wie von der Politik versprochen, oder nur verlagert, wird sich zeigen müssen.