Die Berliner Flaggen wehen heute auf halbmast. Die Stadt gedenkt ihrer Ehrenbürgerin Margot Friedländer, die im Alter von 102 Jahren am 30. Oktober verstorben ist. Die Holocaust-Überlebende, die erst mit 88 Jahren aus den USA nach Berlin zurückkehrte, hatte die letzten Jahre ihres Lebens der Erinnerungsarbeit gewidmet.
«Ich bin hundert Jahre alt und ich kann nicht immer für euch dasein», sagte sie einst bei einem ihrer zahlreichen Schulbesuche. Diese Sätze klingen jetzt, nach ihrem Tod, wie ein Vermächtnis. Über 500 Schulklassen besuchte die Zeitzeugin seit ihrer Rückkehr nach Deutschland, um von ihrer Flucht, der Verhaftung und dem Überleben im Konzentrationslager Theresienstadt zu berichten.
Die Trauerbeflaggung zum Tod Friedländers wurde vom Berliner Senat angeordnet und gilt für alle öffentlichen Gebäude. Ihre Beisetzung findet am Donnerstag auf dem Jüdischen Friedhof in Charlottenburg statt. Für viele Berlinerinnen und Berliner ist ihr Tod ein persönlicher Verlust.
In Hamburg lernte ich Friedländer vor drei Jahren kennen, bei einer Lesung aus ihrer Autobiografie. Was mich beeindruckte: Trotz ihres hohen Alters strahlte sie eine unglaubliche Präsenz aus. «Es ist mir wichtig, dass meine Geschichte nicht mit mir stirbt», erklärte sie damals.
Die Berliner Bildungssenatorin würdigte Friedländer als «unermüdliche Mahnerin gegen das Vergessen». Ihr Lebenswerk wird weiterwirken – durch die nach ihr benannte Stiftung und durch tausende junge Menschen, die ihr begegnen durften. Ihre Botschaft «Seid Menschen» bleibt als Auftrag an uns alle.