In Berlin nahmen heute Hunderte Menschen Abschied von Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer, die im Alter von 102 Jahren verstarb. Die Trauerfeier im Jüdischen Gemeindehaus und anschließende Beisetzung auf dem Jüdischen Friedhof Heerstraße vereinte Politprominenz und Bürger. Bundespräsident Steinmeier würdigte Friedländers unermüdlichen Einsatz für Erinnerung und Versöhnung.
Margot Friedländer überlebte als junge Frau das Konzentrationslager Theresienstadt, während ihre Mutter und ihr Bruder in Auschwitz ermordet wurden. Nach Jahrzehnten im New Yorker Exil kehrte sie 2010 nach Berlin zurück – mit einem klaren Auftrag: Erinnern und Mahnen.
«Sie hatte allen Grund, Deutschland für immer den Rücken zu kehren. Stattdessen reichte sie uns die Hand», sagte Steinmeier in seiner bewegenden Ansprache. Neben ihm erwiesen auch Bundeskanzler Scholz, Bundestagspräsidentin Bas und Berlins Regierender Bürgermeister Wegner der Verstorbenen die letzte Ehre.
Als ich Friedländer vor fünf Jahren für ein Gespräch in ihrer Charlottenburger Wohnung traf, beeindruckte mich ihre ungebrochene Energie. «Solange ich lebe, will ich Zeugnis ablegen», sagte sie mir damals mit fester Stimme. Dieses Vermächtnis führte sie bis ins hohe Alter in Schulen und Universitäten.
Ihr Tod hinterlässt eine spürbare Lücke in der Erinnerungskultur. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, betonte: «Mit Margot Friedländer verlieren wir eine der letzten Stimmen, die aus eigenem Erleben vom Holocaust berichten konnte.»
Die Trauergäste verabschiedeten sich mit einer jüdischen Tradition: Sie legten kleine Steine auf dem Grab nieder – bleibende Zeichen der Erinnerung. In Zeiten wachsenden Antisemitismus wiegt Friedländers Botschaft schwerer denn je: «Seid Menschen. Mehr ist nicht nötig.»