Die Stadt Düsseldorf gilt als Kunstmetropole, doch nicht alle Kreativen haben hier die gleichen Chancen. Künstlerinnen und Künstler ohne akademischen Abschluss – sogenannte Autodidakten – klagen zunehmend über Benachteiligung. Nach einer Umfrage des Künstlernetzwerks «Freie Szene» fühlen sich etwa 70 Prozent der selbstgelernten Kunstschaffenden in Düsseldorf bei der Vergabe von Ausstellungsflächen, Fördergeldern und Stipendien systematisch übergangen.
«Es ist, als ob du einen unsichtbaren Stempel auf der Stirn trägst», sagt Marion Keller, die seit 15 Jahren als autodidaktische Malerin in Düsseldorf arbeitet. «Bei Bewerbungen für kommunale Ausstellungen höre ich immer wieder: Wo haben Sie studiert?» Tatsächlich zeigt ein Blick in die Förderrichtlinien der Stadt, dass akademische Referenzen häufig als Qualitätsmerkmal gelten.
Die etablierten Institutionen verteidigen ihre Praxis. «Wir brauchen Auswahlkriterien, um die künstlerische Qualität zu sichern», erklärt Prof. Dr. Thomas Weber, Leiter einer städtischen Galerie. Doch was ist Qualität in der Kunst? Diese Frage bleibt oft unbeantwortet.
Bei meinen Recherchen in den Ateliers der Stadt bin ich immer wieder auf beeindruckende Werke von Künstlern gestoßen, die nie eine Akademie von innen gesehen haben. Ihr Können haben sie sich durch jahrelange Praxis, Workshops und intensives Selbststudium erarbeitet.
Der Kunstmarkt zeigt sich langsam offener. Private Galerien wie «Die Brücke» haben sich auf autodidaktische Kunst spezialisiert. «Ausbildung ist wichtig, aber nicht alles», meint Galeristin Sabine Müller. «Vincent van Gogh hatte auch keinen Abschluss.»
Die Debatte berührt grundsätzliche Fragen: Wer definiert, was Kunst ist? Brauchen wir mehr Vielfalt in der Kunstszene? Die Stadt Düsseldorf hat nun einen Dialog zwischen allen Beteiligten angekündigt. Ob er die tiefen Gräben überwinden kann, bleibt abzuwarten. Für die Kunst selbst wäre mehr Offenheit jedenfalls ein Gewinn.