Der Druck auf die Bundesregierung wächst. Nach monatelangem Schweigen fordern immer mehr SPD-Politiker öffentlich einen Stopp der Waffenlieferungen an Israel. Auslöser ist die aktuelle humanitäre Katastrophe in Rafah, wo nach UN-Angaben über 600.000 Menschen auf engstem Raum Zuflucht suchen.
Seit dem Hamas-Terror vom 7. Oktober und Israels militärischer Reaktion verfolgte Berlin einen klaren Kurs: Solidarität mit Israel bei gleichzeitiger humanitärer Hilfe für Palästinenser. Doch diese Balance gerät ins Wanken. «Die Bilder aus Rafah sind unerträglich. Deutschland darf nicht länger Waffen liefern, die dort zum Einsatz kommen könnten», erklärt der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner im Gespräch mit dem SPIEGEL.
Die kritischen Stimmen kommen aus allen Parteiflügeln. Selbst langjährige Israel-Unterstützer wie Außenpolitiker Michael Roth zeigen sich besorgt. Kanzler Scholz hingegen bleibt bei seiner Linie und betont Israels Selbstverteidigungsrecht. Ein hochrangiger Regierungsbeamter, der anonym bleiben will, verriet mir gestern in Berlin: «Die Stimmung in den Ministerien ist angespannt. Niemand will die Hamas unterstützen, aber viele fragen sich, ob wir noch das Richtige tun.»
Die deutschen Waffenexporte nach Israel haben sich seit Oktober verdreifacht. Betroffen sind hauptsächlich Munition und militärische Ausrüstung im Wert von über 320 Millionen Euro.
Während die Debatte in Berlin tobt, verschlechtert sich die Lage in Gaza weiter. Die kommenden Tage könnten entscheidend werden – nicht nur für die Menschen in Nahost, sondern auch für die außenpolitische Glaubwürdigkeit Deutschlands. Können wir gleichzeitig Israels engster europäischer Verbündeter sein und humanitäre Werte hochhalten? Diese Frage treibt die Politik um.