In Essen-Holsterhausen gehen die Gemüter hoch. Dutzende Anwohner fanden in den letzten Tagen Strafzettel an ihren Windschutzscheiben. Der Grund: Parken in einer Tempo-30-Zone entgegen der Fahrtrichtung. Was viele jahrelang praktizierten, wird plötzlich geahndet. Laut Stadtverwaltung wurden allein letzte Woche über 70 Knöllchen in der Gemarkenstraße verteilt.
«Das ist eine Abzocke», schimpft Anwohnerin Brigitte Müller (58), die seit 15 Jahren dort wohnt. «Wir parken hier schon immer so, und es hat nie jemanden gestört.» Die Parkplatzsituation im Viertel ist angespannt. Wer nach Feierabend einen Stellplatz sucht, nimmt, was er kriegen kann – auch auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
Das Ordnungsamt verteidigt sein Vorgehen. «Es handelt sich um einen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung«, erklärt Stadtsprecherin Jasmin Trilling. Das Bußgeld von 25 Euro sei bundesweit einheitlich geregelt. Auf Nachfrage bestätigt sie, dass verstärkte Kontrollen nach Beschwerden von Anwohnern durchgeführt wurden.
In meinen zwanzig Jahren als Reporterin habe ich solche Wellen der Knöllchenverteilung immer wieder erlebt. Meist sind sie Ausdruck eines tieferliegenden Konflikts zwischen verschiedenen Anwohnergruppen.
Der Bürgerverein Holsterhausen hat das Thema inzwischen aufgegriffen. «Wir werden das Problem bei unserem nächsten Treffen mit Vertretern der Stadt ansprechen», kündigt Vereinsvorsitzender Peter Breitenbach an. Eine Lösung könnte die Ausweisung zusätzlicher Parkflächen sein.
Die Diskussion zeigt, wie der begrenzte öffentliche Raum in Großstädten zum Zankapfel wird. Was bleibt, ist die Frage: Sollten Behörden bei jahrelang geduldeten Verstößen nicht zumindest vorwarnen, bevor sie zur Kasse bitten?