Während in der Uniklinik-Cafeteria hungrige Besucher Schlange stehen, bildet sich im Nebenraum eine andere Art von Warteschlange. Hier geht es nicht ums Essen, sondern ums Geben: Blutspender warten geduldig, um einen Teil von sich selbst zu spenden. Die Uniklinik Essen hat ihre Altersgrenzen für Blutspender kürzlich komplett aufgehoben – theoretisch dürfen nun auch 100-Jährige spenden, wenn sie gesund sind.
Diese progressive Regelung ist deutschlandweit noch selten. «Wir schauen nicht aufs Alter, sondern auf den Gesundheitszustand», erklärt Professor Peter Horn, Direktor des Instituts für Transfusionsmedizin. «Ein gesunder 75-Jähriger kann problemlos spenden, während wir einen kranken 25-Jährigen ablehnen müssen.» Besonders in Zeiten knapper Blutkonserven sei jeder gesunde Spender willkommen.
Als ich durch die Räume gehe, fällt mir auf: Die Atmosphäre ist entspannt, fast wie bei einem sozialen Treffen. Viele Spender kennen sich und das Personal. Im Wartezimmer erzählt mir Herbert Müller (72): «Ich spende seit 30 Jahren. Früher musste ich mit 68 aufhören, jetzt darf ich weitermachen.» Er sei dankbar dafür, denn: «Es gibt einem ein gutes Gefühl, helfen zu können.»
Die Uniklinik lockt nicht nur mit dem guten Zweck, sondern auch mit kulinarischen Anreizen. Nach der Spende gibt es Würstchen oder vegetarische Alternativen sowie Getränke. «Das Würstchen danach gehört für viele einfach dazu», schmunzelt eine Mitarbeiterin. Doch was die meisten Spender wirklich antreibt, ist das Wissen, dass ihre 500 Milliliter Blut bis zu drei Menschenleben retten können.
Während die Nadel aus dem Arm eines älteren Herrn gezogen wird, beobachte ich seinen stolzen Blick. «Nächsten Monat bin ich wieder da», sagt er bestimmt. Diese Einstellung braucht das Gesundheitssystem dringend – denn obwohl theoretisch 33 Prozent der Deutschen Blut spenden könnten, tun es tatsächlich nur drei Prozent regelmäßig. Und das, obwohl jeder von uns irgendwann selbst auf eine Blutspende angewiesen sein könnte.