Die Krisenintervention München feierte kürzlich ihr 30-jähriges Bestehen – fast unbemerkt von der Öffentlichkeit. Dabei sind ihre 180 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer oft die ersten, die bei dramatischen Ereignissen zur Stelle sind: nach Suiziden, tödlichen Unfällen oder wenn plötzlich ein geliebter Mensch stirbt. Allein im vergangenen Jahr rückten sie zu über 1.500 Einsätzen aus – Tendenz steigend.
«Wir kommen, wenn die Welt zusammenbricht», erklärt Martin Irlinger, Leiter des Kriseninterventionsteams (KIT). Seit drei Jahrzehnten leisten die Ehrenamtlichen psychosoziale Notfallversorgung für Menschen in akuten Krisen. Sie sind da, wenn Eltern erfahren, dass ihr Kind bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist. Sie begleiten Angehörige, wenn der Partner plötzlich verstorben ist.
Die Einsätze hinterlassen Spuren. «Natürlich nehmen wir die Schicksale mit nach Hause», gibt Irlinger zu. Besonders Einsätze mit Kindern belasten das Team schwer. Deswegen gibt es regelmäßige Supervisionen und ein eingespieltes System zur gegenseitigen Unterstützung. «Wenn ich merke, dass mich ein Einsatz besonders belastet, rufe ich einen Kollegen an», erzählt eine langjährige Helferin.
Was mich bei meinem Besuch am meisten beeindruckt: Die Helferinnen und Helfer kommen aus allen Berufsgruppen – vom Handwerker bis zur Ärztin. Was sie eint, ist die Bereitschaft, für andere da zu sein, wenn es am schlimmsten ist. Eine Fähigkeit, die in unserer oft individualisierten Gesellschaft selten geworden scheint.
Die Krisenintervention steht vor wachsenden Herausforderungen. Die Einsatzzahlen steigen kontinuierlich, während die psychische Belastung in der Bevölkerung zunimmt. «Wir brauchen mehr Unterstützung und Anerkennung für diese wichtige Arbeit», betont Irlinger. Die stillen Helfer verdienen mehr Aufmerksamkeit – denn sie sind da, wenn niemand mehr weiter weiß.