Der Essener Stadtrat hat gestern erneut eine Entscheidung zur Sanierung des maroden Grugabads verschoben. Das beliebte Freibad, seit 1964 Herzstück sommerlicher Freizeitkultur in der Ruhrgebietsstadt, verfällt zusehends. Laut Gutachten des städtischen Immobilienmanagements belaufen sich die Sanierungskosten inzwischen auf mindestens 80 Millionen Euro – Tendenz steigend mit jedem Jahr des Wartens.
«Wir können uns ein weiteres Hinauszögern nicht leisten», mahnt Badleiter Michael Schmidt beim Ortstermin. Zwischen bröckelnden Beckenrändern und verrosteten Startblöcken zeigt er mir die dramatischsten Schäden. Das Nichtstun der letzten Jahrzehnte ist überall sichtbar. Wo früher tausende Essener planschten, blättert heute die Farbe von den Wänden.
Die Verzögerungstaktik des Stadtrats sorgt für Unmut bei Bürgerinitiativen. «Das Grugabad gehört zur Essener Identität wie die Zechen zum Ruhrgebiet», sagt Anwohnerin und Aktivistin Susanne Meier. Sie sammelte bereits 12.000 Unterschriften für eine schnelle Sanierung.
Die Stadtverwaltung argumentiert mit knappen Kassen und verweist auf alternative Bäder. Doch gerade für Familien aus den südlichen Stadtteilen bietet das Grugabad mit seinem weitläufigen Gelände eine unersetzliche Freizeitmöglichkeit. Wie ich aus meiner Berichterstattung in Baden-Württemberg weiß, verschwinden solche traditionellen Freibäder oft unwiederbringlich, wenn Kommunen zu lange zögern.
Bis zur nächsten Ratssitzung im September bleibt die Zukunft des Grugabads ungewiss. Derweil verstreicht ein weiterer Sommer, in dem die Becken notdürftig geflickt bleiben. Ist Essens Wahrzeichen noch zu retten, oder wird es stumm Zeuge einer Zeit, in der öffentliche Daseinsvorsorge dem Rotstift zum Opfer fiel?