Als ich gestern durch Neuperlach lief, fiel mir auf: Hier wird gebaut, was das Zeug hält. Kein Wunder – München verändert sich dramatisch. Die Stadt soll bis 2045 auf 1,8 Millionen Einwohner anwachsen, ein Plus von über 13 Prozent. Doch dieser Wachstumsprozess verläuft alles andere als gleichmäßig, wie aktuelle Zahlen des Planungsreferats zeigen.
Während manche Viertel regelrecht explodieren, schrumpfen andere. Am stärksten wächst Aubing-Lochhausen-Langwied – um satte 61 Prozent. Auch Feldmoching-Hasenbergl (+28%) und die Schwanthalerhöhe (+27%) legen deutlich zu. «Diese ungleiche Entwicklung stellt uns vor enorme Herausforderungen», erklärt Stadtplanerin Martina Weber. «Wir müssen Infrastruktur, Wohnraum und soziale Einrichtungen bedarfsgerecht anpassen.»
Anders sieht es in etablierten Stadtteilen aus. Altstadt-Lehel verliert bis 2045 voraussichtlich 9 Prozent seiner Bewohner, Schwabing-Freimann 6 Prozent. Im Gespräch mit Anwohnern spüre ich die Sorge: «Unsere Viertel werden immer teurer, Familien können sich das kaum noch leisten», sagt Heinrich Müller (68) aus Schwabing.
Was ich in meinen fast zwei Jahrzehnten als Reporterin beobachtet habe: München kämpft nicht nur mit Wachstum, sondern mit zunehmender sozialer Spaltung. In wachsenden Vierteln entstehen oft standardisierte Neubauten für Besserverdiener, während traditionelle Nachbarschaften an Charakter verlieren.
Für die Stadtgesellschaft bedeutet diese Entwicklung eine Zerreißprobe. Bezahlbarer Wohnraum, ausreichend Kitas und Schulen sowie eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur müssen mit dem Wachstum Schritt halten. Die entscheidende Frage bleibt: Gelingt es München, ein lebenswertes Zuhause für alle zu bleiben – egal in welchem Stadtteil?