Der Albtraum vieler Pendler wird in diesem Sommer in Stuttgart Realität. Seit Montag bremsen massive Bauarbeiten die S-Bahn in der Landeshauptstadt aus. Züge fallen aus, Strecken werden unterbrochen, und Fahrgäste müssen teils deutlich längere Fahrtzeiten einplanen. Rund 60.000 Pendler sind täglich betroffen, wie die Deutsche Bahn mitteilt. Besonders hart trifft es die Linien S1, S2 und S3.
Ich stehe am Hauptbahnhof und beobachte ratlose Gesichter. «Eigentlich wollte ich nur nach Feuerbach, jetzt muss ich einen Bus nehmen», sagt Anna Müller, die zur Arbeit pendelt. Die Stammstrecke zwischen Hauptbahnhof und Stuttgart-Vaihingen ist nur einspurig befahrbar. Die S-Bahnen fahren deshalb im 30-Minuten-Takt statt wie gewohnt alle 15 Minuten.
Die Bahn hat einen Ersatzverkehr mit Bussen eingerichtet, doch der kommt an seine Grenzen. «Mit dem zusätzlichen Verkehr auf den Straßen ist das eine echte Herausforderung», erklärt Bahnsprecherin Claudia Steiner. Bis zum 9. September sollen die Arbeiten andauern – ein langer Zeitraum für die geduldigen Stuttgarter.
Die Bauarbeiten sind laut Bahn unvermeidbar. «Wir modernisieren die Infrastruktur für mehr Zuverlässigkeit», betont Steiner. Gleichzeitig laufen die Vorbereitungen für Stuttgart 21. Eine doppelte Belastung für die ohnehin strapazierte Infrastruktur.
Für mich als Beobachterin der Stuttgarter Verkehrspolitik seit vielen Jahren ist diese Situation keine Überraschung. Die Infrastruktur im Kessel ist seit Jahren auf Kante genäht. Wenn nun Hauptadern blockiert werden, zeigt sich die Verletzlichkeit des Systems.
Der Verkehrsclub Deutschland kritisiert die Planung scharf: «Man hätte die Fahrgäste früher und besser informieren müssen», sagt Regionalvorstand Peter Müller. Tatsächlich wirken viele Reisende, mit denen ich spreche, unvorbereitet.
In den kommenden Wochen wird sich zeigen, ob die Ersatzkonzepte funktionieren. Fest steht: Für viele Stuttgarter wird dieser Sommer zur Geduldsprobe. Und wie ein Pendler es treffend formulierte: «Des isch halt grad Stuegert – schwätza hilft net, durchbeißa muss mer.»