Immer mehr deutsche Senioren tauschen den verdienten Ruhestand gegen Arbeitsalltag. Aktuell arbeiten über 1,2 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland – ein neuer Rekord. Dieser Anstieg um fast 20 Prozent seit 2020 wirft Fragen auf: Ist es finanzielle Not oder der Wunsch nach sozialer Teilhabe, der Menschen im Rentenalter zurück in die Arbeitswelt treibt?
Die Zahlen sind eindeutig: Besonders die Gruppe der über 67-Jährigen nimmt verstärkt am Arbeitsmarkt teil. Wie ich bei Recherchen in München beobachtete, sind es nicht nur Minijobs, die gefragt sind. Viele Senioren übernehmen verantwortungsvolle Positionen, gerade in Bereichen mit Fachkräftemangel. «Rentner bringen wertvolle Erfahrung mit und sind oft zeitlich flexibler als jüngere Kollegen», erklärt Arbeitsmarktexperte Professor Karlheinz Weber von der Universität Hamburg.
Die Gründe für die Arbeit im Rentenalter sind vielfältig. Für etwa 40 Prozent ist es finanzielle Notwendigkeit – die Rente reicht schlicht nicht aus. «Meine 830 Euro Rente decken kaum die Miete», berichtet die 69-jährige Elke Schmidt aus Stuttgart, die dreimal pro Woche als Kassiererin arbeitet. Andere schätzen die soziale Einbindung und Anerkennung. Der demografische Wandel tut sein Übriges: Unternehmen umwerben verstärkt ältere Arbeitnehmer.
Was bedeutet dieser Trend für unsere Gesellschaft? Eine alternde Bevölkerung, die länger arbeitet, verändert unsere Vorstellung vom Ruhestand grundlegend. Der klassische Lebensabend weicht einem flexibleren Modell. Während dies einerseits Chancen bietet, wirft es andererseits die Frage auf: Können wir uns als wohlhabendes Land noch einen würdevollen Ruhestand leisten? Eine Antwort darauf müssen wir als Gesellschaft erst noch finden.