Die Brücke zwischen Rathaus und Wohnzimmer schlagen – das gelingt in Kirchdorf im Landkreis Kelheim besonders gut. Beim monatlichen «Ratsch mit dem Bürgermeister» lädt Rathauschef Huber die Seniorinnen und Senioren des Ortes zum persönlichen Gespräch. Gestern kamen über 40 ältere Bürger in das Gemeindehaus, um bei Kaffee und Kuchen ihre Anliegen vorzubringen. Eine Form der Bürgerbeteiligung, die in Zeiten zunehmender Politikverdrossenheit bemerkenswerte Resonanz findet.
«Die Idee entstand nach der letzten Wahl, als viele Ältere sagten, sie kämen nicht mehr ins Rathaus», erklärt Bürgermeister Anton Huber beim Einschenken der Kaffeetassen. Die lockere Atmosphäre wirkt Wunder. Themen, die sonst vielleicht unausgesprochen blieben, kommen hier auf den Tisch. Vom kaputten Gehwegpflaster über den zu selten fahrenden Bürgerbus bis hin zu größeren Fragen wie der geplanten Umgehungsstraße.
Elisabeth Maier (78) ist Stammgast bei den Treffen: «Früher hab ich mich nicht getraut, im Rathaus anzurufen. Hier kann ich direkt sagen, was mir wichtig ist.» Der Bürgermeister notiert fleißig mit, verspricht keine schnellen Lösungen, aber Transparenz über den Fortschritt.
Was ich besonders bemerkenswert finde: Die Treffen haben längst eine Eigendynamik entwickelt. Die Senioren vernetzen sich untereinander, organisieren Fahrgemeinschaften, tauschen Neuigkeiten aus. Ein kleines soziales Netzwerk ohne Internet, wie wir es aus den alten Dorfwirtschaften kennen, die vielerorts verschwunden sind.
Die Idee macht Schule. Aus den Nachbargemeinden haben sich bereits Bürgermeister angekündigt, um das Konzept kennenzulernen. In Zeiten, in denen Kommunalpolitik oft als bürgerfern kritisiert wird, zeigt Kirchdorf, dass es auch anders geht. Mit Kaffee, Kuchen und offenem Ohr – ganz analog und direkt.