Es ist ein seltsames Gefühl, das die Kölner Fußballfans gerade durchleben. Während der Abstieg in die 2. Bundesliga noch schmerzt, tobt im Hintergrund ein Machtkampf, der den Verein zu zerreißen droht. 67,5 Prozent der Mitglieder stimmten am vergangenen Wochenende für die Abwahl des bisherigen Vorstands – ein Erdbeben, das den ohnehin wankenden Dom zum Beben brachte.
Der FC steht vor einem radikalen Neuanfang, sportlich wie strukturell. Mittendrin: Christian Keller, Sportgeschäftsführer und für viele Fans das Gesicht des Abstiegs. Er bleibt vorerst im Amt, während um ihn herum die Strukturen einstürzen. «Die Emotionen kochen gerade über», erklärt mir ein langjähriger Fanclub-Vorsitzender am Telefon. «Aber genau diese Leidenschaft macht den FC aus.»
Die Zerrissenheit spiegelt sich auch in den Diskussionen auf der Mitgliederversammlung wider. Während Werner Wolf und sein Team den Verein finanziell stabilisierten – die Verbindlichkeiten sanken von 86 auf 50 Millionen Euro – vermissten viele Fans das typische «Jefööhl», diese unverwechselbare Kölner DNA. Timo Königsmann, frisch gewählter Interims-Präsident, steht nun vor der Herausforderung, die Wunden zu heilen und gleichzeitig den sportlichen Wiederaufstieg vorzubereiten.
Was den FC-Umbruch so besonders macht: Er findet unter extremem Zeitdruck statt. In wenigen Wochen startet die 2. Liga, Trainer Timo Schultz muss einen konkurrenzfähigen Kader zusammenstellen, während die Vereinsführung sich neu sortiert. Die Transferperiode läuft, wichtige Entscheidungen müssen getroffen werden – aber von wem?
Für mich symbolisiert die aktuelle Situation die ewige Zerrissenheit des 1. FC Köln: zwischen Tradition und Moderne, zwischen Emotionalität und wirtschaftlicher Vernunft. Die Frage, die sich jeder FC-Fan stellt: Wie viel «Jefööhl» verträgt ein Profiklub im Jahr 2024, ohne seine wirtschaftliche Basis zu gefährden? Die Antwort darauf wird den Weg des Vereins in den kommenden Jahren prägen.