In Sachsen nimmt der Kampf gegen überbordende Bürokratie konkrete Formen an. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat gestern im Landtag einen «Bürokratie-TÜV» angekündigt, der alle neuen Gesetze und Verordnungen auf ihre praktische Umsetzbarkeit prüfen soll. Laut einer aktuellen Umfrage der IHK Dresden fühlen sich 78 Prozent der sächsischen Unternehmen durch Verwaltungsauflagen in ihrer Entwicklung gehemmt.
«Wir müssen den Menschen wieder mehr zutrauen und weniger vorschreiben», betonte Kretschmer in seiner Regierungserklärung. Der neue Mechanismus soll bereits ab September greifen. Besonders kleine Handwerksbetriebe und Mittelständler atmen auf. In meinen Gesprächen mit Dresdner Unternehmern höre ich immer wieder den gleichen Frust: «Wir verbringen mehr Zeit mit Formularen als mit unserer eigentlichen Arbeit.»
Parallel dazu gedachte der Freistaat des Volksaufstands vom 17. Juni 1953. In Leipzig, wo die Proteste besonders heftig niedergeschlagen wurden, legten Landtagsabgeordnete aller demokratischen Fraktionen Kränze nieder. «Der Freiheitswille der Menschen damals mahnt uns, unsere Demokratie jeden Tag aufs Neue zu verteidigen», sagte Landtagspräsident Matthias Rößler bei der Gedenkveranstaltung.
Bemerkenswert dabei: Während die etablierten Parteien gemeinsam auftraten, blieben die Vertreter der AfD der Veranstaltung fern – ein Umstand, der in Dresden für Gesprächsstoff sorgt. Als ich die Teilnehmer befragte, spürte ich eine tiefe Verbundenheit mit den damaligen Ereignissen, besonders bei älteren Sachsen.
Die Landesregierung plant zudem, den Bürokratieabbau mit einem «Praxischeck» zu verbinden. Dabei sollen Betroffene frühzeitig in Gesetzgebungsverfahren eingebunden werden. Dass dies nicht nur Lippenbekenntnisse sind, zeigt ein erster Pilotversuch im Handwerksbereich. Manchmal braucht es eben eine Zäsur, um verkrustete Strukturen aufzubrechen.
Die Frage bleibt: Reichen symbolische Maßnahmen aus, oder braucht es einen grundlegenden Mentalitätswandel in der Verwaltung? Der Sommer in Sachsen verspricht politisch jedenfalls spannend zu werden.