Vorgestern ist ein 42-jähriger psychisch kranker Straftäter während eines begleiteten Freigangs aus der LVR-Klinik in Köln-Merheim entkommen. Der Mann nutzte einen kurzen Moment der Unachtsamkeit seiner Begleiter und flüchtete. Er gilt als gefährlich, warnt die Polizei. Eine Fahndung läuft auf Hochtouren.
Seit 2021 befand sich der Mann wegen einer schweren Körperverletzung im Maßregelvollzug, der für psychisch kranke Straftäter vorgesehen ist. «In den letzten Monaten zeigte er positive Entwicklungen, weshalb begleitete Ausgänge genehmigt wurden», erklärt Dr. Martina Weber, Sprecherin der Klinik. Solche Freigänge sind Teil des Therapiekonzepts, um Patienten schrittweise auf ein Leben in Freiheit vorzubereiten.
Die Polizei Köln hat ein Fahndungsfoto veröffentlicht und bittet die Bevölkerung um Hinweise. «Sprechen Sie den Mann nicht an, sondern informieren Sie umgehend die Polizei», warnt Hauptkommissar Frank Schneider. Mehr dazu bei der Polizei Köln.
In meinen fast zwanzig Jahren Berichterstattung habe ich mehrfach erlebt, wie sich nach solchen Vorfällen die Diskussion um Sicherheit und Resozialisierung entfacht. Zwischen dem berechtigten Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung und dem therapeutischen Ziel der Wiedereingliederung besteht ein Spannungsfeld.
Die Klinikleitung hat inzwischen angekündigt, ihre Sicherheitsmaßnahmen zu überprüfen. Kölns Bürger zeigen sich beunruhigt. «Man fragt sich schon, wie so etwas passieren kann», sagt Anwohnerin Sabine Müller (54) aus Merheim.
Was bleibt, ist die Frage: Wie viel Freiheit darf man einem Straftäter auf dem Weg zurück in die Gesellschaft zugestehen? Und welches Risiko ist die Gesellschaft bereit zu tragen?