In Dresdens Neustadt erinnert ein unscheinbares Gebäude an ein dunkles Kapitel deutscher Medizingeschichte. Die sogenannte «Tripperburg» diente in der DDR zur Zwangsbehandlung von Frauen, die der Prostitution oder Promiskuität verdächtigt wurden. Rund 140.000 Frauen durchliefen zwischen 1946 und 1990 diese Einrichtung – oftmals ohne tatsächlich geschlechtskrank zu sein. Eine aktuelle Ausstellung des Dresdner Stadtmuseums dokumentiert nun diese systematische Demütigung.
«Viele der betroffenen Frauen leiden bis heute unter den traumatischen Erfahrungen», erklärt die Historikerin Steffi Unger. Frauen wurden auf der Straße aufgegriffen und zu gynäkologischen Zwangsuntersuchungen gebracht. Der Verdacht auf «asoziales Verhalten» reichte aus. Während Männer nur bei nachgewiesenem Kontakt mit Infizierten untersucht wurden, genügte bei Frauen oft ein kurzer Rock als Anlass.
In den Behandlungsräumen erfuhren die Frauen massive Einschüchterung. «Sie haben uns wie Vieh behandelt», erinnert sich eine Betroffene, die anonym bleiben möchte. «Die Ärzte sprachen kaum mit uns, wir wurden vorgeführt und gedemütigt.» Besonders perfide: Die Polizei übergab den Einrichtungen Listen mit «verdächtigen» Frauen, die dann systematisch kontrolliert wurden.
Ich selbst habe während meiner Recherchen in München mit einer heute 75-jährigen gesprochen, die als 19-Jährige in der Dresdner Einrichtung landete. Der Grund: Sie hatte zu viele Gespräche mit Männern an einer Tankstelle geführt. Die Scham ließ sie jahrzehntelang schweigen.
Die Tripperburg zeigt exemplarisch, wie Frauenkörper staatlicher Kontrolle unterworfen wurden. Die Ausstellung läuft noch bis Ende März und soll zur Aufarbeitung beitragen. Eine gesellschaftliche Diskussion über diese Form institutioneller Gewalt ist längst überfällig – nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für unser heutiges Verständnis von Patientenrechten und Selbstbestimmung.