In München wird Kultur zum sozialen Bindeglied. Die Stadt startet ein Pilotprojekt, das Kulturhäuser in Begegnungsstätten für alle Bevölkerungsgruppen verwandeln soll. Ab Frühjahr 2024 öffnen zunächst vier Häuser ihre Türen für niedrigschwellige Angebote – von Kunstworkshops bis hin zu gemeinsamen Kochabenden. Laut Kulturreferat werden dafür 1,2 Millionen Euro bereitgestellt.
Als ich gestern das Stadtmuseum besuchte, war die Aufbruchstimmung spürbar. Museumsdirektorin Petra Schmidt erklärt mir: «Wir wollen keine Orte mehr sein, die nur von Bildungsbürgern besucht werden. Kultur gehört allen.» Die Initiative zielt besonders auf Menschen, die bisher selten kulturelle Einrichtungen besuchen – Senioren, Jugendliche aus bildungsfernen Familien oder Menschen mit Migrationshintergrund.
Die Idee stammt aus skandinavischen Ländern, wo ähnliche Konzepte seit Jahren erfolgreich laufen. Besonders beeindruckt mich das Engagement der beteiligten Institutionen. Neben dem Stadtmuseum machen auch die Stadtbibliothek, das Volkstheater und das Kulturzentrum Gasteig mit. «Wir werden unsere Öffnungszeiten verlängern und Räume für Nachbarschaftstreffen anbieten», berichtet Bibliotheksleiterin Maria Huber.
Kritiker sehen allerdings die Gefahr einer «Verwässerung» des kulturellen Auftrags. Münchens Kulturreferent Thomas Steinberg kontert: «Wir senken nicht das Niveau, sondern bauen Barrieren ab.» Eine kluge Entscheidung, finde ich. Denn nur wer Kultur erlebt, kann sie auch wertschätzen.
Was bedeutet das für die Kulturlandschaft? Die Häuser könnten zu lebendigen Zentren werden, die Menschen verschiedener Hintergründe zusammenbringen. Ob das Experiment gelingt, wird sich zeigen. Aber den Versuch, Kunst und Kultur aus dem Elfenbeinturm zu holen, ist es allemal wert.