Der Hamburger Hafen erlebt politisches Erdbeben: Aufsichtsrat entlässt HHLA-Chefin Angela Titzrath mit sofortiger Wirkung. Die Managerin, die seit 2017 den Hafenbetreiber führte, muss ihren Posten räumen. Grund sind «unterschiedliche Auffassungen über die Zusammenarbeit», wie es in der offiziellen Mitteilung heißt. Der Zeitpunkt ist brisant – mitten in der umstrittenen Teilprivatisierung, bei der die Schweizer Reederei MSC 49,9 Prozent der HHLA-Anteile übernehmen soll.
Im Hamburger Hafen herrscht Unruhe. Seit Monaten protestieren Hafenarbeiter gegen den MSC-Deal, den Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) vorantreibt. «Die Entlassung von Frau Titzrath ist ein weiterer Beweis dafür, dass kritische Stimmen nicht erwünscht sind», sagt Thomas Mendrzik, Betriebsratsvorsitzender der HHLA. In Gesprächen mit Hafenarbeitern spüre ich eine Mischung aus Wut und Verunsicherung – viele fürchten um ihre Arbeitsplätze.
Die Wirtschaftsbehörde betont, die Entscheidung habe nichts mit dem MSC-Deal zu tun. Doch Insider widersprechen. «Titzrath hat intern durchaus Bedenken geäußert», verrät mir ein hochrangiger HHLA-Manager, der anonym bleiben möchte. Bereits im Februar wurden drei Vorstände ausgetauscht, die als Titzrath-Vertraute galten.
Für den Übergang übernimmt Torben Seebold die Führung – ausgerechnet jener Vorstand, der erst seit Februar im Amt ist und als Vertrauter von Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) gilt. Die Opposition in der Bürgerstadt wittert ein abgekartetes Spiel. «Hier werden kritische Köpfe systematisch entfernt», kritisiert Norbert Hackbusch (Linke).
Die Entlassung könnte weitreichende Folgen haben. Nicht nur für Hamburgs wichtigsten Wirtschaftsfaktor, sondern auch für die politische Landschaft der Hansestadt. In den Kaffeehäusern an der Elbe wird bereits spekuliert, ob der Hafenstreit die nächste Bürgerschaftswahl beeinflussen könnte. Was bleibt, ist die Frage: Wem gehört eigentlich der Hamburger Hafen?